: Studierende können Haushalt nicht sanieren
Die Studiengebühren treiben die StudentInnen aus den Universitäten. Das Wissenschaftsministerium hat seine Zahlen zu den StudienabbrecherInnen mittlerweile nach oben korrigiert. Einnahmen durch die Gebühren sind minimal
DÜSSELDORF taz ■ Durch die von der rot-grünen Landesregierung eingeführten Studiengebühren werden mehr Studierende das Studium ohne Abschluss beenden als von der Regierung bisher angenommen. Während das Wissenschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen bis zum März noch von rund 33.000 StudienabbrecherInnen ausging, wird die Zahl mittlerweile nach oben korrigiert. „Bis zu 50.000“, könnten es sein, sagt Ministeriumssprecherin Isabelle Lorenz.
Das seien jedoch bisher alles nur Schätzungen, die man anhand der vorhandenen Zahlen aus den Hochschulen machen könne. „Genaueres wissen wir erst Mitte Juni“, dann habe auch die letzte Hochschule in NRW ihre letzten Zwangsexmatrikulationen vorgenommen, sagt Lorenz. Sie glaubt sogar, dass einige Studierende gerne doppelt Gebühren zahlen. „An manchen Hochschulen können sie sich ja jetzt noch zurückmelden, sie zahlen dann zusätzlich Verspätungsgebühren, das waren zu meiner Studienzeit 20 Mark“, erinnert Lorenz.
Heute müssen die Studierenden, die länger als das anderthalbfache der Regelstudienzeit studieren, zusätzliche zum Semesterbeitrag 650 Euro bezahlen. Aufschub für die Zahlung gibt es auch für Studierende, die gegen die Gebührenbescheide Widersprüche eingelegt haben, nicht. So dokumentiert das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren einen Fall einer vierfachen Mutter aus Köln, die nun die Gebühren zahlen müsse. Auch ein BAföG-Empfänger aus Duisburg soll die Gebühren von seiner Unterstützung bezahlen. „Das Land will sich zu Lasten des Bundes, der das Darlehen bezahlt, bereichern“, werfen die Aktivisten der Regierung vor.
Dass das überhaupt gelingt, bezweifelt Friedrich Wilke, wissenschaftspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion und Hochschullehrer. „Das ganze Gesetz ist Murks“, sagt Wilke. Denn der Finanzminister habe nichts davon, wenn so viele Studierende mit dem Studium vor ihrem Abschluss aufhörten. Zudem würden die Hochschulen, sobald sie an den Studiengebühren partizipieren könnten, versuchen, die Studierenden lange an der Uni zu halten. Außerdem stehe der Verwaltungsaufwand, den das Gesetz mitgebracht habe, in keinem Verhältnis zum Ertrag, sagt Wilke und verweist auf das Studiengebührenmodell des Landes Niedersachsen.
In Niedersachsen mussten Studierende, seit dem Sommersemester des letzten Jahres 500 Euro bezahlen, wenn sie vier Semester über der Regelstudienzeit liegen. Das Land hat weniger eingenommen als vermutet, den Unis aber hohen Verwaltungsaufwand beschert. Das könnte auch Fazit der Studiengebühren in NRW werden. Nach Informationen des Aktionsbündnisses hören viel mehr Studierende mit dem Studium auf, als dass sie zahlen. In Bochum sollen nur 500 von 8.500 StudentInnen, die einen Gebührenbescheid bekommen haben die Gebühren entrichten, in Köln sollen gar 14.000 Studierende das Studium ohne Abschluss beenden. Klemens Himpele, Sprecher des Bündnisses nennt das Gesetz „eine bildungs- und finanzpolitische Katastrophe“. ELMAR KOK