Sechs Tore von den Fans gewünscht

Die SG Flensburg-Handewitt will heute im Finale der Handball-Champions-League sein Stigma des ewigen Zweiten loswerden. Das Problem: Sloweniens Meister RK Pivovarna Celje hat das Hinspiel mit 34:28 gewonnen

FLENSBURG taz ■ Es ist ja nicht so, dass sie in Flensburg nicht wüssten, wie man einen zweiten Platz zu feiern hat. Elfmal in den letzten zwölf Jahren hat man als dumm daneben stehender Zweitplatzierter alle erdenklichen Pokale und Schalen in gegnerischen Händen glitzern sehen. Und auch heute (14 Uhr/ZDF) will die Spielgemeinschaft Flensburg-Handewitt trotz des mit sechs Toren verloren gegangenen Hinspiels im Finale der Champions League in Celje (28:34) kein Partymuffel sein, wenn am Tag des Bieres in der Fördestadt so richtig einer los gemacht wird. Dabei sollte man wissen, dass wenn in Flensburg so richtig gefeiert wird, die ortsansässige Brauerei Musiker wie Boney M. und die Rednex aufspielen lässt, ein Rahmenprogramm also, dass wie die SG ewig zweitplatziert ist. Spannend bleibt die Frage, ob sich über die Jahre das Rahmenprogramm beim Tag des Bieres der SG angepasst hat, oder umgekehrt?

„Natürlich hängt die Stimmungslage auch immer vom Ausgang des Finales ab“, weiß SG-Geschäftsführer Thorsten Storm. Er sagt aber auch: „Wir stehen an der Tabellenspitze der Handballbundesliga, der besten Liga der Welt. Am Mittwoch nach dem Finale geht es gegen Lemgo. Hier könnte eine Vorentscheidung um die deutsche Meisterschaft fallen. Und am Wochenende drauf ist das Final-Four mit dem Halbfinale gegen Kiel. Insofern werden wir ungeachtet des Ergebnisses ein wenig mit unseren Fans und Sponsoren das Ereignis eines Champions-League-Finales feiern.“

Wobei: Ein bisschen mehr, als nur am Finale teilnehmen, will die SG schon, jedenfalls soll nichts unversucht bleiben, die Endlosschleife des Vizemeistertums mit einem Sieg und mindestens sieben Toren Vorsprung bereits heute zu durchbrechen. Ohne die Bürde eines weiteren Vizetitels fiele es der SG wohl leichter, die weiteren Pokale, die erneut in greifbarer Nähe warten, endlich anzupacken.

Ein Vergnügen, dem sich die SG-Spieler bisher stur verweigerten. Kapitän Sören Stryger und Lars Christiansen jedenfalls ließen sich zwar bei einer Pressekonferenz mit dem Europapokal ablichten, anfassen aber wollten sie das gute Stück nicht. Das sei „kein Aberglaube“, beteuerten die beiden, die anwesenden Journalisten mussten die Trophäe aber dennoch selbst in Stellung bringen, um Flensburger Spieler und den Pokal jemals auf einem Bild zeigen zu können. Bis zur ersten deutschen Meisterschaft überhaupt haben die Nordlichter mindestens noch bis Mitte Mai zu warten, und um den Pokal des Pokalsiegers in die Höhe heben zu dürfen, müssen Anfang Mai noch so namenlose Gegner wie Kiel, Magdeburg oder der Hamburger SV geschlagen werden.

Am besten wird also verhindert, dass bereits die erste Titelentscheidung in diesem Jahr zuungunsten der SG ausfällt. Weswegen Thorsten Storm seine Erwartungen wie auch einen Rückblick der bisherigen Champions-League-Saison in eine Antwort fassen kann: „Wenn wir etwas aus der Champions League in diesem Jahr gelernt haben, dann sicher, dass Hin- und Rückspiel nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. Das sind zwei völlig verschiedene Spiele. Eine Niederlage mit sechs Toren ist natürlich nicht unser Traumergebnis. Aber wir haben nicht optimal gespielt. Trotzdem ist Celje nicht besser als unsere Mannschaft.“

Das ist durchaus eine gewagte These angesichts des Hinspiels, in dem die slowenische Mannschaft mit seinen Protagonisten Sergej Rutenka (13 Tore) und Torwart Dejan Peric den Flensburgern vormachte, wie man frische Handballfeste feiert. „Der große Vorteil für Celje waren die Fans und diese unglaubliche Unterstützung und Lautstärke in der Halle. Man konnte sein eigenes Wort nicht verstehen und die Pfiffe der Schiedsrichter schon gar nicht“, zeigt sich Storm noch immer beeindruckt – und hofft nun auf Flensburger Revanche: Beim heutigen Rückspiel soll die als „Hölle Nord“ bekannte SG-Spielstätte schon „eine Stunde vor Spielbeginn ein Tollhaus sein“, wie Storm fordert. Denn: „Unsere Zuschauer und Fans sind durchaus auch für sechs Tore gut. Schaffen wir es, den Gegner aus dem Rhythmus zu bringen, dann gehört der Pokal unseren Fans.“ OKE GÖTTLICH