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Archiv-Artikel

Ein Hauch von Adenauer

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram stellt familienpolitisches Programm vor. Keine HZE-Einzelfallfinanzierung mehr, dafür bekommen Träger regionale Budgets. Familienpass soll im Wahljahr Eintritt zu Kulturveranstaltungen verbilligen

von KAIJA KUTTER

Lange hat sie gezögert, gestern war es nun so weit: Die Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram stellte im Rathaus ihr „familienpolitisches Programm“ vor. Hamburg drohe eine „kinderarme Stadt“ zu werden, sagte die CDU-Politikerin und verwies darauf, dass nur in 18 Prozent der Haushalte Kinder leben. Um diesen Trend zu bremsen wolle sie Hamburg familienfreundlicher machen.

Dabei werde sie einen „Hamburger Weg“ beschreiten. So sei es falsch, Familienförderung nur als „staatlichen Lastenausgleich“ zu verstehen. Wichtig sei, „den Eltern die Verantwortung für ihre Kinder zu lassen, aber auch abzuverlangen“. Dafür wolle sie, wo nötig, deren Erziehungskompetenz stärken.

Den Anfang dabei macht am Mittwoch der für seine witzigen Vorträge bekannte Erziehungsberater Jan-Uwe Rogge, der im Rahmen der der Reihe „Hamburger FamilienForum“ die These „Ohne Chaos geht es nicht“ propagiert. In dem gleichnamigen Buch räumt der Star-Autor mit dem Perfektionswahn in erziehenden Mittelschichtskreisen auf. Rogge spricht im Rahmen der Reihe „Hamburger FamilienForum“, die bereits am Montag bei einer Fachtagung vom Münchner Familienforscher Wassilios Fthenakis eröffnet wird. Den Stars folgen weitere Farbtupfer, so gibt es ein Logo „Hamburger Familienfreundlichkeit“, mit dem auch familienfreundliche Firmen ausgezeichnet werden. Und um auch Väter zu mehr Verantwortung bei der Kindererziehung zu animieren, soll ab November eine Väter-Webseite eingerichtet werden. Ferner plant die Behörde für das Wahljahr 2005 einen „Familienpass“, gesponsert von Firmen, mit dem Familien verbilligt ins Kino und Museum können.

Gravierende Neuigkeiten hatte die Senatorin in der Jugendhilfe anzukündigen. Die bisherige Einzelfallfinanzierung bei Hilfen zur Erziehung (HZE) soll es nicht mehr geben. Stattdessen wird der HZE-Etat um 4 Millionen auf 124 Millionen Euro geschrumpft und auf Regionen von durchschnittlich 30.000 Einwohner verteilt. Mit den abgezwackten 4 Millionen will Schnieber-Jastram neue familienentlastende Angebote fördern, so bekommen die Elternschulen mehr Geld. Um die regionalen HZE-Budgets können sich einzelne Träger oder auch mehrere im Verbund bei den Bezirken bewerben und Verträge abschließen.

Es sei nicht auszuschließen, dass „ein paar Träger vom Markt verschwinden“, sagte der zuständige Behördenreferent Wolfgang Hammer. Der Vorteil in der neuen Finanzierung läge darin, dass ein Träger nicht mehr „Einzelfällen hinterherjagen müsse“, um sein Geld zu sichern. Um die Einzelfallfinanzierung und deren Nachteile hatte es in der Jugendhilfe seit den 90ern einen erbitterten Streit gegeben, der nun offenbar entschieden ist.