SOLDATEN RUANDAS IM KONGO – ALARMSIGNAL FÜR NEUEN BÜRGERKRIEG
: Die UN-Mission ist zu klein

Der Vorwurf der UNO, Ruanda habe erneut Soldaten in die Demokratische Republik Kongo geschickt, ist weniger dramatisch, als er klingt. Der gemeldete Vorfall fast direkt an der ruandisch-kongolesischen Grenze ereignete sich in einem schmalen Gürtel kongolesischen Territoriums, das vom Rest des Kongo durch einen unbewohnten und von Milizen als Rückzugsgebiet genutzten Nationalpark getrennt ist und in den letzten Jahren mehr mit Ruanda und Uganda zu tun hatte als mit dem Kongo selbst; außerdem kommt ein großer Teil der Bevölkerung dort ursprünglich aus den östlichen Nachbarstaaten.

Zugleich ist die Sache brisanter, als der Einzelfall sie erscheinen lässt. Nach Jahren des Krieges, in denen der Kongo zum Schlachtfeld ausländischer Interessen wurde, bedeutet jeder Vorstoß ausländischer Truppen auf kongolesisches Gebiet, neue Konflikte anzuheizen. Dass trotz des offiziellen Friedensschlusses im Kongo noch immer irreguläre Milizen aus Ruanda und Burundi im Osten des Kongo ihr Unwesen treiben, ist mittlerweile der Hauptgrund dafür, dass diese geschundene Region nicht zur Ruhe kommt und nach wie vor hunderttausende von Menschen im totalen Elend leben. Und solange weder Kongos neue Allparteienregierung noch die UN-Blauhelmmission die Kommandanten dieser Milizen verhaftet und ihre Soldaten demobilisiert, behalten Nachbarländer wie Ruanda einen Grund, sich in die kongolesische Politik direkt einzumischen.

Um das zu verhindern, ist Kongos Regierung zu schwach und die UN-Mission zu klein. Die kongolesische Regierung besteht aus Warlords, die sich gegenseitig mit Argwohn und Misstrauen begegnen und sich belauern wie Löwen in der Zirkusarena. Jeder von ihnen hat seine privaten Armeen behalten. Keiner von ihnen will der Erste sein, der seine informellen Machtstrukturen zugunsten legaler staatlicher Institutionen aufgibt. Die 10.800 UN-Blauhelme im riesigen Kongo sind weniger als in den kleinen westafrikanischen Ländern Liberia und Sierra Leone und können nur punktuell überhaupt Präsenz zeigen. Seit Monaten gibt es kaum noch politische Fortschritte in Kongos Friedensprozess, dafür häufen sich militärischer Rückschritte. Jeder Nachbarstaat wäre betroffen, wenn sich daraus neue Bürgerkriege entwickeln. Noch ist nicht klar, ob das Aufeinandertreffen einer UN-Patrouille im Ostkongo und einer ruandischen Kompanie ein eher zufälliger Einzelfall war oder der Beginn einer neuen ausländischen Intervention. Aber die Alarmsignale sind nicht zu übersehen. DOMINIC JOHNSON