: Keine Angst vorm bösen Peer
Rund 5.000 Menschen erwartet der DGB am 1. Mai zur traditionellen Maikundgebung – und den NRW-Ministerpräsidenten Steinbrück. Junge Gewerkschafter fordern, ihn wieder auszuladen
VON DIRK ECKERT
Für ein freies, gleiches und gerechtes Europa wollen die Gewerkschaften dieses Jahr am 1. Mai auf die Straße gehen. Zu der Demonstration in Köln erwarte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) rund 5.000 Teilnehmer, sagte gestern der Kölner DGB-Vorsitzende Wolfgang Uellenberg-van Dawen. Mit der Ausrichtung auf Europa stehe der 1. Mai in der Folge der Großdemonstrationen gegen Sozialabbau am 3. April, so Uellenberg-van Dawen.
Unternehmer dürften die EU-Osterweiterung nicht dazu nutzen, mit der Verlagerung von Betrieben „Belegschaften zu erpressen“, kritisierte der Kölner DGB-Chef. Konkret machte er eine zunehmende Stimmungsmache gegen Polen aus, die sich zum Beispiel in den weit verbreiteten Polenwitzen zeige. „Wir sollten mal drüber nachdenken, was die Deutschen im Zweiten Weltkrieg in Polen angerichtet haben“, mahnte er. Von der EU forderte er verbindliche soziale Mindeststandards an Stelle von Sozialdumping.
Wie gewohnt beginnt die Kölner Maidemonstration am Hans-Böckler-Platz (10 Uhr). Von dort wollen die Gewerkschaften über den Friesenplatz, vorbei am EL-DE-Haus über die Breite Straße und den Ring zum Rudolfplatz ziehen, wo in diesem Jahr ab 11 Uhr die eigentliche Maikundgebung stattfindet – nur ausnahmsweise, wegen der Bauarbeiten am Alter Markt. Der Alter Markt bleibe aber der traditionelle Ort der gewerkschaftlichen Maikundgebung, versicherte Uellenberg-van Dawen.
Die Kölner Maikundgebung ist in diesem Jahr zugleich die zentrale Kundgebung des nordrhein-westfälischen DGB. Hauptredner am Rudolfplatz ist deswegen der DGB-Vorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Walter Haas. Im Kulturprogramm, das den ganzen Nachmittag über andauert, treten unter anderem Gerd Köster & Frank Hocker, Heinrich Pachl, Wilfried Schmickler, Thirst und Swing Dry auf.
Als Redner geladen ist auch NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD). An dessen Auftritt gibt es allerdings heftige Kritik. Steinbrück sei vor zwei Jahren Mitbegründer der Studienkonten gewesen, die zum Sommersemester allein in Köln mehr als 15.000 Studierende zum Studienabbruch gezwungen hätten, kritisierte die JungeGEW Köln in einer Presseerklärung, der sich die DGB-Jugend, der GEW-Landesausschuss der Studentinnen und Studenten (LASS) in Nordrhein-Westfalen, die Juso-Hochschulgruppe sowie der AStA der Fachhochule anschlossen.
Als Ministerpräsident sei Steinbrück gegen eine Ausbildungsplatzabgabe und dafür verantwortlich, dass in Köln 2004/2005 bis zu acht Jugendzentren schließen müssten. Die „Liste der Untaten“, für die die Regierung Steinbrück verantwortlich sei, ließe sich weiter fortsetzen, so die jungen Gewerkschafter. Sie fordern deshalb: „Kein Rederecht für diejenigen, die die Errungenschaften der Arbeiterbewegung angreifen.“
Uellenberg-van Dawen gab sich trotz dieser Angriffe gelassen: „Ich hätte mich sehr gewundert, wenn diese Kritik nicht gekommen wäre.“ Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident rede aber „traditionell“ auf der zentralen Kundgebung der Gewerkschaften in NRW – und daran wolle er festhalten. Schließlich sei es „wichtig und heilsam für Politiker, dass sie mit den Menschen diskutieren“. Er jedenfalls habe keine Angst vor einer Rede Steinbrücks. Denn: „Der Ministerpräsident steht für seine Politik, nicht für die der Gewerkschaften.“