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Archiv-Artikel

„Dynamik aufgreifen“

Jens Crueger, sozial- und jugendpolitischer Sprecher der Grünen, wirbt für „ortsbezogene und kleinteilige Angebote für Jugendliche“

Bremen taz ■ Sportgarten, Freizeitheim Friesenstraße, Kulturzentrum Lagerhaus – das sind nur drei von vielen Einrichtungen im Bezirk Mitte/Östliche Vorstadt, die mit Jugendlichen arbeiten. Der grüne Kreisverband will heute um 20 Uhr im Bürgerhaus Weserterrassen über deren Konzepte, Probleme und Finanzierung reden. Jens Crueger (Foto), grüner Bürgerschaftsabgeordneter, will dort „Neue Ansätze der Kinder- und Jugendpolitik“ zur Diskussion stellen. taz: Herr Crueger, was haben die Grünen jugendpolitisch denn Neues zu bieten?Jens Crueger: Zunächst mal sind wir Grünen der Meinung, dass die Jugendarbeit chronisch unterfinanziert ist. Aber noch etwas anderes kommt chronisch zu kurz – eine Debatte über Qualität in der Jugendarbeit. Also: Neben einer ausreichenden Ausstattung muss man auch gucken: Was ist gute Jugendarbeit?

Und was ist gute Jugendarbeit?Den Jugendlichen müssen die Angebote zusagen. Und: wir brauchen dringend die Beteiligung der Jugendlichen. Und das hängt nicht unbedingt vom Geld ab. Nehmen wir das Anpassungskonzept zur Jugendarbeit. Der Gedanke, Kompetenz in die Stadtteile zu orientieren, ist ja prinzipiell nicht schlecht. Aber jetzt ist dieses gute Instrument nicht arbeitsfähig wegen haushalterischer Probleme: Der Einstellungsstopp, den der Senat verhängt hat, verhagelt uns die Stadtteilbudgets. Das ist für die Jugendlichen frustierend.

Die Behörde hat vorgeschlagen, die Freizeitheime zu privatisieren, um ihnen ein flexibleres Wirtschaften zu ermöglichen. Ist das die Lösung?Ich glaube, davon verspricht sich das Ressort zu viel. Aber es ist keine schlechte Idee, das Freizeitheim in der Friesenstraße modellhaft aus der kommunalen Trägerschaft herauszulösen. Viele Freizi-Mitarbeiter sind natürlich höllisch sensibel, was diesen Privatisierungsgedanken angeht. Da wäre es ein gutes Symbol, wenn wir erstmal an einer Stelle etwas Faires hinkriegen.

Das ist aber keine originär grüne Idee. Was sind denn nun Ihre neuen Ansätze?Es muss darum gehen, wie gut die Arbeit einer Einrichtung ist. Die, die am besten arbeiten, brauchen den größten Bestandsschutz. Wir müssen wissen: Was sind unsere Kronjuwelen? Wo gibt es Potenziale, aber die Performance stimmt noch nicht? Es kann nicht sein, dass bei Kürzungen als erstes die freien Träger dran sind.

Klingt nach dem alten Gegensatz: Freizis sind behördenmäßig und nicht an den Bedürfnissen der Jugendlichen orientiert, und die Freien sind ganz groß und geben sich viel Mühe.Nein, so ist das nicht gemeint. Aber es wird ganz sicher einen Umsteuerungsprozess geben. Und wenn man an der einen Stelle ein Freizeitheim abbaut, dann muss das nicht bedeuten, dass man an der anderen Stelle wieder eines aufbaut, nur damit man am Ende gleich viele hat. Wir Grünen finden zum Beispiel die aufsuchende Cliquenarbeit sehr gut oder auch temporäre Geschichten. Wenn ich heute ein Sportfeld unter einer Brücke anlege, kann ich das in zwei Jahren wieder aufgeben, wenn der Bedarf nicht mehr da ist. Jugendarbeit muss kleinteiliger und flexibler werden. Schließlich ist Jugendkultur selbst auch etwas Dynamisches und Ortsbezogenes.

Fragen: Elke Heyduck