Wüstenskorpion gegen die Feinde

Die US-Truppen im Irak verstärken nach zahlreichen Angriffen ihr Vorgehen gegen bewaffnete Anhänger Saddam Husseins.Ihr Appell zur Abgabe schwerer Waffen wird weitgehend ignoriert. Soldaten nehmen den ehemaligen Luftwaffenchef gefangen

BAGDAD afp ■ Mit verstärkten Militäreinsätzen versucht die US-Armee in Irak den aufkeimenden Untergrundkampf gegen ihre Präsenz in dem besetzten Land zu ersticken. Mehr als 1.300 US-Soldaten rückten nach Armeeangaben in der Nacht zum Sonntag in die Widerstandshochburg Falludschah ein, um nach militanten Anhängern des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein zu suchen.

Der Militäreinsatz in der Stadt, in der in den vergangenen Wochen mehrere US-Soldaten tödlich angegriffen wurden, verlief nach Angaben eines Armeesprechers weitgehend ergebnislos. Soldaten hätten nach Hinweisen aus der Bevölkerung eine Schule und ein weiteres Haus durchsucht, seien aber nicht fündig geworden. Die gesuchten Anhänger der früheren Staatspartei Baath hätten die Gebäude vor längerer Zeit verlassen. Der Einsatz war von US-Luftstreitkräften begleitet worden.

Im Norden des Landes starteten US-Truppen zeitgleich eine Offensive gegen „all jene, die amerikanische Soldaten angreifen“, wie ein Armeesprecher sagte. Die ebenfalls in der Nacht von den US-Streitkräften begonnene „Operation Wüstenskorpion“ richtet sich gegen Baath-Mitglieder und „alle, die gegen den Frieden sind“. Es seien bereits mehrere Menschen festgenommen worden, so der Armeesprecher.

Die US-Streitkräfte gaben am Sonntag eine Bilanz der sechstägigen „Operation Peninsula Strike“ („Halbinselschlag“) bekannt, die sich gegen irreguläre irakische Kämpfer in den Sunnitengebieten im Norden und im Zentrum des Landes gerichtet hatte.

Im Verlauf des bereits am Donnerstag beendeten Einsatzes seien 400 Gefangene gemacht worden, von denen 60 am Sonntag noch inhaftiert waren. Zudem seien zahlreiche Waffen beschlagnahmt worden. Nach Angaben von irakischen Augenzeugen und US-Vertretern wurden mindestens 113 Menschen getötet, unter ihnen ein Ausländer. Die US-Armee sprach von 31 getöteten irakischen Kämpfern; zu eigenen Verlusten machte sie keine Angaben.

Das am Sonntag abgelaufene Ultimatum an die Iraker zur Abgabe ihrer schweren Schusswaffen wurde nach US-Angaben weitgehend ignoriert. Ab sofort müssen Waffenbesitzer mit empfindlichen Strafen rechnen. Nach dem Ende der zweiwöchigen Amnestiefrist zur straffreien Abgabe zählten US-Truppen lediglich 123 abgelieferte Pistolen, 76 Gewehre, 435 Schnellfeuergewehre, 46 Maschinengewehre, 162 Panzerfäuste, elf Luftabwehrraketen und 381 Granaten sowie Sprengstoffvorrichtungen, wie der US-Generalstab gestern bekannt gab. Ab jetzt wird unrechtmäßiger Waffenbesitz mit Gefängnisstrafen von bis zu einem Jahr und Geldstrafen von umgerechnet bis zu 850 Euro bestraft.

Die Gesamtzahl der in Irak im Umlauf befindlichen Waffen wird auf fünf Millionen geschätzt. US-Zivilverwalter Paul Bremer hatte die Waffenverordnung im Mai erlassen, um der anhaltenden Gewalt und Rechtslosigkeit in Irak Herr zu werden.

Opposititionsführer Ahmed Chalabi kritisierte unterdessen das Versäumnis der USA, eine mit Irakern besetzte Übergangsregierung zu bilden. Gegenüber der Washington Post bezeichnete Chalabi es als Fehler, dass die USA nach ihrem Sieg über die Regierung in Bagdad nicht umgehend Zuständigkeiten an Iraker übertragen hatten. Nach seiner Einschätzung werden die Angriffe auf US-Truppen in Irak zunehmen, falls nicht unverzüglich ein entsprechender „politischer Prozess“ eingeleitet werde.

US-Soldaten nahmen in Irak den ehemaligen Luftwaffenbefehlshaber Hamid Radscha Schalah al-Tikriti fest. Der Militär stand auf Rang 17 der Liste der 55 meistgesuchten Iraker, wie das US-Zentralkommando am Samstag bekannt gab.