: „Wale sind keine Schweine“
Greenpeace-Campaigner Thilo Maack wehrt sich gegen den Vorwurf, seine Organisation schade dem Schutz der Wale, anstatt ihn zu fördern. Ab heute diskutiert die Internationale Walfangkommission in Berlin über das Jagdverbot für die Meeressäuger
Interview HANNA GERSMANN
taz: Ausgerechnet Greenpeace wird als Bremser beim Schutz der Wale beschimpft. Nicht von den Fängern, sondern von anderen Umweltorganisationen. Was sagen Sie dazu?
Thilo Maack: Der größte Bremser ist die japanische Regierung. Von den 47 Mitgliedern der Internationalen Walfangkommission, der IWC, haben sechs ein traditionelles Interesse am Walfang: Japan, Norwegen, Russland, China, Korea und Island.
Alle anderen Staaten, die für den Walfang stimmen, sind Drittweltnationen, die mit Nippons Entwicklungshilfe eingekauft sind.
Ihnen wird vorgeworfen, das Jagdverbot zu sehr zu hätscheln. Lassen Sie sich auf eine Lockerung ein, gibt es für die Scheckbuchdiplomatie keinen Anlass mehr.
Dann aber kehren die Japaner zur unkontrollierten Jagd und damit ins vergangene Jahrhundert zurück, als durch den kommerziellen Walfang bis zu zwei Millionen Großwale harpuniert wurden. Wer das Moratorium aufhebt, gibt außerdem den Startschuss für den illegalen Piratenwalfang.
Die wenigsten Wale sterben durch die Harpune. 300.000 Wale und Delfine verenden, weil sie sich in den Netzen der Fischer verheddern. Warum beharren Sie auf dem löchrigen Verbot?
Stimmt, der Beifang ist das weitaus größere Problem. Das aber spricht nicht gegen das Fangverbot. Sondern dafür, nicht weiter über die Jagd zu diskutieren und sich den anderen Themen zuzuwenden.
Das wird nicht klappen. Bevor Japan aufhört, regelmäßig die Aufhebung des Verbots zu fordern, steigt es aus der internationalen Vereinbarung aus.
Nein. Das wird Japan schon aus Gründen der internationalen Diplomatie und Geschäftsbeziehungen nicht machen. Außerdem käme das Fangverbot doch sofort durch, sobald die japanische Regierung darauf verzichtet, Drittweltländer zu bestechen.
Und warum soll für Wale nicht gelten, was es bei Fischen schon längst gibt: Fangquoten?
Weil sie versagen. Ein gutes Beispiel ist der Kabeljau. Das Weibchen legt bis zu 98 Millionen Eier jährlich. Trotzdem sind wir nicht in der Lage, seinen Bestand zu retten. Wale aber pflanzen sich viel, viel langsamer fort. Deshalb sollten wir bei wilden Meeressäugern erst gar nicht über Quoten nachdenken.
Das sehen mittlerweile selbst viele Walschützer anders. Sie fordern Fanquoten, die strikt kontrolliert werden sollen.
Im vergangenen Jahr haben sowohl Umweltschützer als auch Walfänger einen Vorschlag gemacht. Beide nannten ihn einen nachhaltigen Bewirtschaftungsplan. Der Unterschied: Die Gruppe um Japan wollte keine unabhängigen Beobachter zulassen und hielt DNA-Analysen erlegter Tiere, mit denen sie noch auf dem Teller aufgespürt werden können, für völlig unsinnig.
Wieso will Greenpeace nicht weiter über diese Vorschläge verhandeln?
Das Bewirtschaftungssystem ist keine Alternative. Die darin aufgestellten Gleichungen mögen mathematisch noch so wasserdicht sein. Sie werden alle hinfällig, weil wir einfach zu wenig darüber wissen, wie viele Wale es gibt, wie und wo sie wandern und wie sie leben. Wale lassen sich nicht wie Schweine zählen.