: Die Briten haben Emden fest im Griff
Das Spannendste beim 14. internationalen Filmfest Emden war erneut der Blick über den Kanal
Die Emder lieben ihr Filmfest. Zumindest verändern sie ihm zu Ehren das Ortsbild wie kaum eine andere Stadt. Die Flaggen wehen stolz vor den Spielstätten, der „Festival-Info-Counter“ ist direkt vis-à-vis vom Rathaus, und die Schaufenster werden umdekoriert: Ob Bettengeschäft oder Naturkostladen, ein Regiestuhl oder eine Drehklappe findet neben Kissen oder Müslipackungen Platz.
Eine weitere Stärke des Filmfests: In Emden bekommt man stets einen großen Teil der neuen englischen Kinoernte zu sehen. „The British are coming“ war auch in diesem Jahr wieder die spannendste Programmschiene. Den neuen Greenaway haben sie allerdings nicht gekriegt, wohl auch weil „The Tulse Luper Suitcases“ mit Franka Potente in Cannes so schlimm durchfiel, dass Greenaway ihn lieber nachbearbeitet. Dennoch, am Sonntag konnte man von 11 Uhr morgens bis zur Nacht von einem britischen Film in den nächsten gehen. In „To Kill A King“ von Mike Barker war Tim Roth als eifernder Oliver Cromwell zu bewundern, der es in diesem aufwändigen und respektlosen Historiendrama sichtlich genießt, wenn dem wunderbar snobistischen Rupert Everett als Karl I der Kopf abgeschlagen wird. Lone Scherfig („Italienisch für Anfänger“) mag zwar Dänin sein, aber ihr neuer in Glasgow gedrehter „Wilbur Wants To Kill Himself“ ist mit seiner selbstironischen Mischung aus Melancholie und schwarzem Humor viel britischer als etwa „Grabgeflüster“ von Nick Hurran, der leider auch in Emden gezeigt wurde. Dieser Streifen ist so schlecht, dass er in seiner Heimat gar nicht ins Kino kam. Dem deutschen Publikum wird er als ‚typisch englische Komödie‘ vorgesetzt.
Auch Ken Loach zeigt schon seit Jahren fast jeden neuen Film in Emden. In „Sweet Sixteen“ ist er in Bestform, wenn er die Geschichte von der verlorenen Kindheit des 15-jährigen Kleinkriminellen Liam erzählt, dabei zugleich die sozialen Zustände analysiert und warmherzig einzelne Menschen zeichnet. Aber in diesem Jahr wurde er von Gillies McKinnon „outloached“. Dessen Sozialdrama „Pure“ über Drogensüchtige in London, ein intensives Kammerspiel mit Molly Parker in der Hauptrolle, gewann den Bernhard Wicki Preis. Wilfried Hippen