: Pflaster für das Böse
Der Düsseldorfer Krimiautor Horst Eckert schreibt am liebsten über korrupte Polizisten und läßt sich dafür von echten Komissaren beraten
INTERVIEW: KERSTIN JOSWIG
Seine Bücher sind „Bullen-Opern bester Güte“, urteilen seine Schriftstellerkollegen. Für „Aufgeputscht“ bekam er von der Raymond-Chandler-Gesellschaft den „Marlowe“. Für „Die Zwillingsfalle“ sogar den höchstdotierten deutschen Krimipokal, den „Friedrich-Glauser-Preis“. Das neueste Werk des gebürtigen Oberpfälzers, der in Düsseldorf lebt, ist gerade im grafit Verlag erschienen.
taz: Hitchcock sieht ganz normal und brav aus, dabei spielten sich in seinem Kopf monströse Dinge ab. Bei ihnen auch?
Horst Eckert: Vermutlich ist keiner von uns frei von seelischen Abgründen und gemeinen Phantasien. Vielleicht sind sie bei mir etwas überdurchschnittlich ausgeprägt. Wenn ich lese, dass Bundeswehrtruppen in Afghanistan die Order haben, nicht gegen den Opiumanbau vorzugehen, um sich keine Feinde zu schaffen, male ich mir schon eine Bande deutscher Soldaten aus, die mit der heimischen Opiummafia gemeinsame Sache macht und Heroin nach Deutschland schafft.
Ihre Geschichten spielen in Düsseldorf. War Ihnen die Heimat nicht mörderisch genug?
Ich wollte schon immer Großstadtromane schreiben und lebe nun mal in Düsseldorf. Die Stadt ist überschaubar. Aber sie beherbergt vom Drogenstrich bis zur Landesregierung jedes denkbare soziale Milieu. Anfangs erschien mir alles so friedlich und normal. Inzwischen weiß ich, dass Düsseldorf mit all den dunklen und schillernden Seiten ein wundervolles Pflaster für einen Autor von Verbrechensliteratur ist.
Jetzt haben Sie auch noch die schwarze Seele von Neukirchen-Vluyn entdeckt?
Ich fand den Ort als Schauplatz spannend. Weder Provinz noch Ballungsraum, sondern so ein Mittelding. Außerdem hat es mich gereizt, eine Figur aus dem Bergarbeitermilieu zu kreieren. Auch dort kann man illegalen Verlockungen erliegen.
Warum finden alle Geschichten in ihrem Umfeld statt?
Wir müssen nicht Tausende Kilometer reisen, um auf Fremdes und Exotisches zu stoßen. Der Abgrund kann bereits hinter der Wand zum Nachbarn lauern – oder in der eigenen Seele.
Ist Krimis schreiben womöglich dafür ein Ventil?
Nein! Dass zum menschlichen Leben untrennbar auch Schuld und Verbrechen gehören, ist ein Rätsel, das ich nicht lösen kann. Ich schreibe darüber, weil es mich interessiert. Nicht, weil ein Serienkiller in mir schlummert.
Verbrechen erfordern also Polizeiromane?
Am Anfang steht eine Figur in verschiedenen Konflikten. In der Regel ein Polizist, denn dieser Job garantiert die Begegnung mit den Schattenseiten des Lebens. Oft wird diese Schnittstelle zwischen Recht und Verbrechen zur Grauzone. Deshalb liebe ich den Polizeiroman. Der Apparat, die Behörde, steht für die Gesellschaft im Ganzen. Die Polizei als Metapher für Deutschland.
Echte Düsseldorfer Kommissare beraten sie, obwohl die in Ihren Büchern nicht immer gut davonkommen?
Ja, sie geben mir Tipps als Fachleute für die Authentizität. Dass es in meinen Romanen Polizisten gibt, die sich korrumpieren lassen, hat mir aber noch keiner meiner Ratgeber übel genommen. Sie wissen aus eigener Erfahrung, dass es schwache Momente und schwarze Schafe gibt. Die Experten helfen mir dabei, dass dichterische Lüge wahrhaftig bleibt.
Autorenlesung: heute, 20:00 Uhr, HundertMeister, Duisburg