: Kinderwunsch
Die „SZ“ plant eine neue Beilage, die vieles ändern könnte. Noch gibt man sich in der Redaktion gelassen
Als der Verlag der Süddeutschen Zeitung im März 2003 die erst ein Jahr zuvor gestartete NRW-Beilage aus Kostengründen wieder einstellte, reagierte die Redaktion mit Protest: Sie verzichtete auf die Seite-1-Kolumne „Streiflicht“ und druckte stattdessen eine Stellungnahme, in der sie „bei weiteren Einschnitten irreparable Schäden fürs Blatt und den Journalismus insgesamt“ befürchtete.
Ein Jahr danach geht es der SZ wie allen anderen großen Tageszeitungen zwar immer noch nicht entscheidend besser – einzig die „SZ Bibliothek“, mit der Romanklassiker für wenig Geld an die Leser verscherbelt werden, verkauft sich gut. Jetzt wird in München aber auch wieder an redaktionellen Konzepten gebastelt. Ein Team um München-Ressort-Chef Arno Makowsky entwickelt derzeit einen Plan für eine neue tägliche Beilage im trendigen Tabloid-Format. Mitte Mai soll es erste Ergebnisse geben.
Die Initiative kommt aus der Chefredaktion. Auf Anfragen von außen reagiert SZ-Chef Hans Werner Kilz aber noch wortkarg. Auf einer Vollversammlung der Redaktion wurden am Montagabend erste Details besprochen. Bei erfolgreicher Planung könnte die SZ das Supplement noch in diesem Jahr starten.
Einige erinnert das Projekt an die Beilage G2 des britischen Guardian. Der hatte Mitte der 90er-Jahre mit frechen Reportagen und Servicethemen als Blatt im Blatt vor allem viele junge Leser hinzugewonnen. Bei der SZ ist die Motivation offenbar ähnlich. Auch in Deutschland verschmähen immer mehr Jungleser die Zeitungen: zu langweilig, zu dröge, zu altbacken. Und das Traditionsblatt aus Bayern wirkt derzeit alles andere als modern. Mit neuer Beilage soll sich das ändern. Ähnliches versucht hierzulande bereits die Frankfurter Rundschau mit ihrem täglichen Magazin FRplus. An der Auflage merkt man davon bisher aber nichts.
Dass in der SZ-Redaktion nicht alle von der Idee begeistert sind, liegt an der Befürchtung, dass das G2-Modell in München auch organisatorisch Schule machen könnte: Bisher bestehende Ressorts könnten aufgelöst werden, um Ressourcen für die Beilage zu schaffen. Auch wenn eine solche Umstrukturierung derzeit eher als unwahrscheinlich gilt. Das Hauptblatt soll von den Neuerungen wohl unberührt bleiben.
Viel wichtiger ist die Frage, was aus den anderen Beilagen wird, wenn das Projekt tatsächlich erfolgreich ist. Leistet sich die Süddeutsche dann weiterhin zusätzlich SZ Wochenende und SZ Magazin? Zumindest beim Magazin gibt man sich gelassen: Chef Jan Weiler glaubt nicht an Auswirkungen auf das Erscheinen seines Magazins. Allerdings: Nicht alle in der SZ-Redaktion halten das für so selbstverständlich. PEER SCHADER