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Archiv-Artikel

Razzia gegen iranische Oppositionelle in Paris

Die französische Polizei geht gegen das europäische Hauptquartier der „Volksmudschaheddin“ vor

PARIS taz ■ „Hier ist die Polizei“, brüllt ein Polizist um 6 Uhr 4 in der stillen Pariser Vorstadt Auvers-sur-Oise in ein Megaphon, „wir haben einen Durchsuchungsauftrag“. Beinahe gleichzeitig beginnen seine maskierten Kollegen damit, vor laufenden TV-Kameras die Türen mehrerer Villen aufzubrechen. Sie verhaften direkt aus ihren Betten heraus 165 Personen – fast die komplette Führungsriege der größten iranischen Oppositionellengruppe Volksmudschaheddin, darunter Maryam Radschavi, die Frau mit dem dunkelroten Kopftuch, die ihre GenossInnen die „künftige Präsidentin des Iran“ nennen. Außerdem beschlagnahmen die Polizisten rund 1,2 Millionen US-Dollar, mehrere Parabolantennen, Computer und kugelsichere Westen.

Die „Operation Théo“, mit rund 1.500 beteiligten Polizisten, fand gestern im Morgengrauen zeitgleich an 13 verschiedenen Orten rund um Paris statt. Die größte französische Polizeirazzia seit drei Jahrzehnten geschah im Auftrag von Jean-Louis Bruguière, der wegen des Verdachts der „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ und wegen des Verdachtes auf „Vorbereitung“ und „Finanzierung von Terrorattentaten“ gegen die Volksmudschaheddin ermittelt.

Die iranischen Organisation hat ihren europäischen Hauptsitz in Auvers-sur-Oise – ganz offziell und seit mehr als zwei Jahrzehnten. Bis vor wenigen Jahren waren rund um die Uhr französische Polizisten vor ihren Häusern platziert. Sie bewachten die ChefInnen der Organisation vor Mordanschlägen des Regimes in Teheran.

Zum Klimawechsel kam es Ende der 90er Jahre – im Gefolge der Verbesserung der franco-iranischen Verhältnisse. Bei dem Spiel Iran–USA während der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 machten die Behörden erstmals die Grenzen für Mudschaheddin aus anderen Ländern dicht. Zu einem neuerlichen Einreiseverbot, gepaart mit vorübergehenden Verhaftungen der Führungriege, kam es im Oktober 1999. Anlass: der erste Besuch des iranischen Staatspräsidenten Chatami in Paris. Im Mai vergangenen Jahres schließlich folgte die EU dem Vorbild der USA und setzte die Organisation auf die Liste der „terroristischen Vereinigungen“.

Jetzt wird den „Volksmudschaheddin“ offenbar der Sturz des Regimes im Irak zum Verhängnis. Sie hatten im Irak, großzügig unterstützt von Saddam Hussein, eine eigene Armee aufgebaut, um den Iran zu „befreien“. Seit dem Kriegsende sollen sich zahlreiche Führungsmitglieder der Volksmudschjaheddin nach Frankreich abgesetzt haben, wo viele von ihnen Flüchtlingsstatus haben. In Paris kursiert gerüchteweise auch, dass in ihrem Schlepptau Führungsmitglieder des irakischen Regimes eingereist seien.

Das Innenministerium in Paris erklärte hingegen gestern, unter den Verhafteten seien keine Iraker. Es dementierte auch jeden Zusammenhang zwischen der Polizeirazzia und der französischen Außenpolitik. Ein Sprecher der „Volksmudschaheddin“ in London nennt die Vorwürfe gegen seine Kameraden in Frankreich „grotesk“. Ali Safawi sagte zu AFP: „Als Gäste waren wir nie in illegale Aktivitäten verwickelt.“ DOROTHEA HAHN