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Archiv-Artikel

Mittes teure Schokoladenseite

Eigentümer des Schokoladens kündigt den Nutzern eine Räumungsklage und Gesprächsbereitschaft an. Kulturverein hofft auf Unterstützung durch die Politik

Leichte Verwirrung herrscht im alternativen Wohn- und Kulturprojekt Schokoladen. Einerseits droht die Eigentümerin des Hauses Ackerstraße 169/170 den Nutzern mit einer Räumungsklage, andererseits zeigt sie Gesprächsbereitschaft. Matthias von der Pressegruppe des Vereins Schokoladen sieht anstrengenden Wochen entgegen, denn einer Räumungsklage wäre juristisch kaum etwas entgegenzusetzen.

Der Ursprung des Streits führt zurück in eine Zeit, in der Berlin-Mitte nach Kohleheizung und Aufbruchstimmung roch. Im Sommer 1990 hatten junge Kreative das marode Gebäude besetzt und wenig später dort Schokoladen eröffnet. Der nach der Schokoladenfabrikation, die das Areal bis 1971 prägte, benannte Club entwickelte sich schnell zum Treffpunkt der alternativen Kulturszene. Das Gebäude fand aber auch das Interesse des aus Trier stammenden Markus Friedrich. Der in der Fliesenbranche tätige Unternehmer kaufte es zum Jahreswechsel 1992/93 einer Erbengemeinschaft ab. Seither streiten sich die Nutzer mit der Friedrich Trier GmbH und Co. KG um die Zukunft des Hauses.

Zwar teilt Friedrich mit, man sei auch in Zukunft zu konstruktiven Gesprächen über einen Mietvertrag nach der Sanierung des Hauses bereit. Allerdings habe die Gegenseite bisher kein angemessenes Angebot übermittelt. Das müsse sich an marktüblichen Preisen orientieren. Doch das Mietniveau in einem sanierten Altbau in bester Wohnlage übersteigt die finanziellen Möglichkeiten des Projekts. Vereinssprecher Matthias hofft nun mal wieder auf die Unterstützung der lokalen Politik.

Die ganz große Konfrontation ist in all den Jahren bisher ausgeblieben. Doch käme es nun zu einer Räumung, wäre neben mehreren Ateliers auch der Club der polnischen Versager betroffen. Der hatte erst 2007 seinen alten Standort in der Torstraße aufgeben müssen – nach ähnlichen Querelen mit dem Vermieter.

ALEXANDER JOSSIFIDS