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Archiv-Artikel

Erwin überhastet

Fortuna Düsseldorf feiert den Aufstieg wie eine Revolution in Lateinamerika. Auch OB Erwin ließ sich gehen

FLINGERN taz ■ Beinahe wäre Joachim Erwin böse gestürzt, als er das Spielfeld im Paul-Janes-Stadion stürmte. Nur mit Glück hielt sich der Düsseldorfer Oberbürgermeister und Aufsichtsratschef von Fortuna Düsseldorfer auf den Beinen und lief freudestrahlend über den Rasen. Gemeinsam mit 7.000 Fans durfte sich der CDU-Politiker am Mittwochabend mal so richtig gehen lassen. Während Erwin wildfremden Menschen um den Hals fiel, feierte der Fortuna-Anhang den Aufstieg in die Regionalliga wie einen erfolgreichen Volksaufstand in Chiapas. Mit pyrotechnischen Gimmicks und betäubendem Jubel boten die Promotionsfeierlichkeiten ein schönes Rahmenprogramm zum internationalen „Tag des Lärm“. Und aus den Lautsprecherboxen am Flinger Broich erklang dazu: „So wie Ihr sehen Sieger aus!“

Das Resultat interessierte nur noch den Spielleiter der Oberliga Nordrhein. Ein 0:0 gegen die Reservemannschaft von Bayer Leverkusen reichte den Landeshauptstädtern, weil zeitgleich die Konkurrenz ihre Spiele verlor. Vier Spieltage vor Saisonende liegt Düsseldorf uneinholbar mit 13 Punkten vorn. Fortuna-Stadionsprecher Dieter Bierbaum achtete nach dem Schlusspfiff peinlich darauf, dass vor offiziellen Feierlichkeiten die Spiele der Konkurrenz wirklich vorbei waren. Doch ein wenig litt die Autorität des Düsseldorfer Faktotums: „Bitte laufen Sie noch nicht auf den Platz“, flehte Bierbaum mit mächtigem Timbre, während schon Hunderte Fans gen Mittelkreis strebten.

Auch Fortuna-Trainer Massimo Morales blieb bis zum Schluss Skeptiker. „Ich freue mich, falls die anderen Ergebnisse wirklich stimmen“, sagte der 40-jährige Italiener im Kabinengang. Doch auf dem Rasen lief das typische Aufstiegsprogramm. Das Lied der britischen Rockband „Queen“ wurde gespielt, halbnackte Fußballer ließen sich auf Händen tragen. Prominente Fans wie Campino, Manni Breuckmann oder Anthony Baffoe tranken im VIP-Zelt Champagner oder kippten Alt.

Manager Thomas Berthold freute sich über den ersten Aufstieg seiner Laufbahn: „Jetzt greifen wir voll an“. Die dritte Liga soll nur Durchgangsstation sein vorm Bundesliga-Comeback; auch Erwin rechnet 2012 mit der deutschen Meisterschaft. Berthold/Morales wollen die Aufstiegsmannschaft auf einigen Positionen verstärken – ein neuer Spielmacher muss auf jeden Fall gesucht werden: Michael Zeyer will aufhören, kündigte der 35-Jährige während der Aufstiegsfeier an: „Diese Saison soll meine letzte sein. Schön, dass ich sie mit dem ersten Aufstieg meiner Karriere krönen konnte.“ MARTIN TEIGELER