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Archiv-Artikel

Keine EU-Einwanderung in Sicht

Die Stadt Dortmund rechnet mit einem starken Zuzug aus Osteuropa, so eine Meldung von gestern. Experten halten den Ball flach: Sie glauben nicht an großen Ansturm durch EU-Erweiterung

VON NATALIE WIESMANN

Eine WDR-Meldung sorgte gestern für große Aufregung: Die Stadt Dortmund erwarte durch die EU-Erweiterung einen Zuzug von etwa 6.500 Menschen aus Osteuropa, hieß es auf deren Homepage.

Werner Andrée, Außenwirtschaftsexperte der IHK Essen konnte sich nicht erklären, wie Dortmund auf solche Prognosen kommt. „Wir erwarten nicht viele neue Arbeitnehmer nach dem ersten Mai.“ Es sehe eher so aus, dass viele Unternehmer im Ruhrgebiet sich nach einem neuen Produktionsstandort in den neuen EU-Staaten umschauten: „Die sitzen schon in den Startlöchern.“ Insofern sei es für die Polen, Tschechen oder Ungarn rentabler, in deutschen Firmen in ihren Heimatländern zu arbeiten. Dort würden sie zwar weniger verdienen als hier, aber die Lebenshaltungskosten seien in diesen Ländern geringer, sagt Andrée.

Olaf Eybe, Vorsitzender der deutsch-polnischen Gesellschaft in Essen, nimmt die Nachricht amüsiert auf: „Kein Grund zur Panik“, beruhigt er. Es gebe keine Anzeichen auf Masseneinwanderung aus Polen. Und: „Diejenigen, die nach Deutschland wollten, sind schon längst da.“ In Polen ärgere man sich über die Arbeitsbeschränkungen hierzulande, weiß Eybe. Denn die Jobchancen für die Menschen aus den neuen Ländern sind beschränkt. Bis zu sieben Jahre müssen neue EU-Bürger hier warten, bis sie das gleiche Recht auf einen Arbeitsplatz bekommen wie die Einheimischen (siehe Kasten).

Im Laufe des Redaktionstages erwies sich die Nachricht aus Dortmund als eine Ente: „Die 6.500 EU-Bürger aus Osteuropa leben schon hier“, sagt der Leiter der Ausländerbehörde, Ingo Moldenhauer.

In Essen leben 3000, in Bochum 2.333 und in Gelsenkirchen 1.171 Menschen aus den Beitrittsstaaten, die meisten von ihnen stammen aus Polen. In keiner dieser Städte erwarten die Experten einen großen Zuzug. Mehr Freizügigkeit besteht ab heute allerdings für ausländische Selbstständige. Aber: „Warum sollte jemand, der die Mittel hat, sich gerade hier niederlassen?“, fragt Manfred Mönig, Leiter des Ausländerbüros in Bochum.