: Die Birne Bürgermeister
Ole von Beust besucht die Obstbauern im Alten Land. Er hört ihren Ängsten und Sorgen zwar zu, aber anbieten kann er ihnen auch nicht viel. Neuenfelder demonstrieren am Samstag gegen Abriss der ersten Häuser für Airbus-Erweiterung
von PETER AHRENS
„Heißen hier eigentlich alle Quast?“ Wer nicht so oft nach Neuenfelde kommt, der staunt noch über die Häufigkeit dieses Namens in der Region. Und Hamburger Bürgermeister haben sich in der Vergangenheit nur höchst selten im Alten Land blicken lassen, sondern den Süderelberaum eher vom Hamburger Rathaus aus verplant. Ole von Beust hat sich gestern zumindest aufgemacht, um den Sorgen der Obstbauern vor Ort zu lauschen. Und derer gibt es genug: Airbus zerstört mit seiner Erweiterung den Ortskern von Neuenfelde, die künftigen Straßenprojekte der Ortsumgehung Finkenwerder und der A 26 durchschneiden das Gebiet.
Bevor der Bürgermeister dazu Stellung nahm, ließ er sich von Obstbauer Rolf Quast in Francop erst einmal den Hof zeigen: Ein Bauernhaus, das seit fast 300 Jahren steht, ein Gebiet von 20 Hektar Obstbäumen in voller Blüte – was Quast seinem prominenten Gast vorführt, ist noch typisch fürs Alte Land. Aber Ulrich Harms, Obstanbauexperte beim Gartenbauverband Nord, spricht es schon an, als von Beust kaum aus dem Dienstwagen ausgestiegen ist: „Die nächsten Jahre werden zeigen, ob wir unser Obstbaugebiet hier behalten können oder ob es anderen Planungen zum Opfer fällt.“
Quast erzählt stolz von seinen Äpfeln, dass er „den Obstbau nun in achter Generation fortsetzt“, er erzählt von den „zuverlässigen polnischen Pflückern“, von der „Apfelsorte Elstar, die ist immer noch der Renner“, er erwähnt von Beust gegenüber natürlich auch die Birnensorte „Bürgermeister“, die er züchtet. Dann führt er ihn nach draußen und zeigt ihm, wo die Trasse der Überführungsstraße zur A 26 direkt an seinem Anwesen vorbeiführen soll. Quast müsste seine Be- und Entwässerungssysteme deswegen komplett verlegen, hat er von einem Mitarbeiter der Stadt erfahren. „Der hat gesagt: Das ist ganz einfach, aber ich glaube, das ist für mich ein Himmelfahrtskommando.“
Von Beust versucht zu beruhigen: Man werde „nach Möglichkeit“ alles versuchen, die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe im Alten Land zu erhalten, versichert er. Die Straßenplanungen sollten so gelegt werden, dass „die Betriebe möglichst geschont werden“. Niemand habe ein Interesse daran, „Hamburg zur landwirtschaftsfreien Zone zu machen“, sagt der Bürgermeister.
Bevor Quast und Co. sich allerdings zu große Hoffnungen machen können, schiebt von Beust schnell nach, dass die A 26 und die Ortsumgehung Finkenwerder „für uns von eminenter Bedeutung sind und dass wir sie brauchen“. Darüber müssten sich auch die Landwirte im Klaren sein. Insofern sei er auch nicht „mit einem Paket von Angeboten“ gekommen, lediglich mit dem, sämtliche Planungen „in Kooperation mit den Betrieben“ zu gestalten. Es gehe schließlich nicht darum, „die Höfe durch Salamitaktik kaputt zu machen und zu tricksen“, sagt er: „Mit Offenheit kommt man schließlich am weitesten.“ Die Bauern, die seit Jahren gegen Airbus kämpfen, werden solche Worte nicht mehr glauben.
Sie vertrauen lieber sich selbst als den Worten des Bürgermeisters und gehen auf die Straße. Am Samstag ab 15 Uhr wird gegen den Abriss der ersten Häuser in Neuenfelde durch die Projektierungsgesellschaft Finkenwerder demonstriert. Die Gesellschaft schafft im Dorf Platz, den die Landebahn für den Riesenjet A380 beansprucht. Dazu sagt Ole von Beust an diesem Nachmittag nichts. Die Neuenfelder Obstbauern sind gar nicht erst erschienen. Jegliche Unterstützung durch die Stadt haben sie abgeschrieben.
Der siebenjährige Sohn von Rolf Quast hat es wohl schon im Instinkt, wie es mit dem Obstanbau im Süderelberaum weitergeht. Er will, erzählt der Vater, lieber Fußballprofi werden. Der deutsche Fußball zumindest hätte Nachwuchs nötig.
Anti-Airbus-Demo: Samstag 15 Uhr. Treffpunkt Ecke Hasselwerder Straße/Organistenweg Neuenfelde