Der aussichtslose Kampf der Trash-Terminator

Strieder und Grüne wollen Parkvermüllung stoppen. Doch die Bezirke nutzen Reinigungsgeld lieber für andere Dinge

Nur Hartgesottene können sich im Mauerpark noch richtig erholen: Wenn man nach einem Schönwetterwochenende durch die Anlage flaniert, steckt schnell ein Glassplitter im Fahrradreifen – oder gleich im nackten Fuß. Saftiges Wiesengrün macht sich rar zwischen Dosen-, Plastikabfällen und Hundehaufen. Die Aussicht, dem krabbelnden Nachwuchs permanent alte Kippen und Jointreste aus dem Schlund zu kratzen, lässt junge Eltern schon seit längerem dem – so eine gängige Metapher – „größten Aschenbecher der Stadt“ fernbleiben.

Wie der Mauerpark starren viele Grünflächen vor Dreck, was die politischen Reinlichkeitsfans auf den Putzplan ruft – mit unterschiedlichen Lösungsvorschlägen: Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) zum Beispiel schlägt eine Anti-Müll-Taskforce, bestehend aus „engagierten“ Sozialhilfeempfängern, vor. Sie könnten „die Gelegenheit wahrnehmen und sich auch mal für die Gesellschaft einsetzen“, findet Strieders Sprecherin Petra Reetz.

Auch die Grünen ärgern sich über die zunehmende Parkvermüllung und plädieren dafür, Vergehen konsequenter mit Bußgeldern zu ahnden. „In den Bezirken müssen zentrale Ordnungsämter mit polizeilichen Befugnissen geschaffen werden. Diese Behörden sollten an den Bußgeldeinnahmen beteiligt werden“, sagt die grüne Sprecherin für Stadtentwicklung, Claudia Hämmerling. Nur so könnten die bestehenden Gesetze auch vollzogen werden. Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Felicitas Kubala, will noch mehr: Parkwächter nämlich, die über Bußgelder finanziert werden. Eine landesweite Regelung lehnt Kubala jedoch ab, denn „ein richtiges Müllkonzept für ganz Berlin gibt es nicht“. Im Grunewald wäre es beispielsweise vorstellbar, die Zahl der Müllkörbe sogar zu reduzieren, um die Leute anzuregen, ihre Picknickreste zu Hause zu entsorgen. „Im Mauerpark hingegen handelt es sich um eine ganz andere Nutzergruppe. Es sind hauptsächlich junge Leute, die es wenig zu stören scheint, wie es um sie herum aussieht“, sagt Kubala.

Parkwächter oder eine Anti-Müll-Taskforce, die mit oder ohne Polizeigewalt Punks im Mauerpark erziehen, das erinnert an vergangene Zeiten. In blauem Netzhemd und spacigem Hosenrock kamen sie daher, die so genannten Trash-Terminators auf der Love Parade 1995. Sie sollten hunderttausende Raver im Ecstasyrausch dazu bringen, leere Dosen in die Mülleimer zu schmeißen, auf denen sie tanzten. Doch die freundlichen Abfallsheriffs wurden ignoriert, und schon im folgenden Jahr ward kein „Trash-Terminator“ mehr gesehen im Kampf gegen den Technodreck.

Dass es im Mauerpark durch den Einsatz einer Hundertschaft von „engagierten Trash-Terminators“ nur eine einzige zerdepperte Bierflasche weniger geben würde, darf also bezweifelt werden. Ebenso dass die Forderungen der Landespolitiker umgesetzt werden. Nicht die Berliner Stadtreinigung (BSR), sondern die den Bezirksämtern unterstellten Grünflächenämter sind nämlich gesetzlich dazu verpflichtet, die Parks zu reinigen. Kein einziger Bezirk nutzt laut Strieder-Sprecherin Reetz jedoch die für die Grünflächen veranschlagten Beträge des Globalhaushalts, sondern die Gelder fließen in andere Töpfe.

Im Bezirk Treptow-Köpenick beispielsweise betrugen die Kosten der Müllbeseitigung 2002 ca. 30.000 Euro. Für Bezirksstadtrat Michael Schneider (PDS) gibt es „Dringenderes zu klären“ als ein paar verstopfte Mülleimer. „Sicherlich müssen wir die ohnehin wenigen Gelder vom Senat umverteilen, schließlich sollten wenigstens bestimmte soziale Strukturen im Bezirk erhalten bleiben. Da müssen die Grünflächen dann schon mal hintanstehen.“ Schneider fordert: „Statt Sozialhilfeempfänger zu beschäftigen, muss ein Klima entstehen, in dem es unter den Jugendlichen nicht mehr in ist, alles den anderen zu überlassen.“

Doch nicht nur Jugendliche pflegen einen laxen Umgang mit dem Müll. Im Treptower Park zum Beispiel sind die Wiesen um den Zennerhaus-Biergarten am Wochenende großflächig mit Plastikverpackungen des benachbarten Burger King übersät – Hinterlassenschaften der Gäste jedes Alters. Die Fastfoodkette trägt – trotz verschwenderischer Verpackungspraxis – keine Mitschuld an dem Dreck und braucht sich nicht an Reinigungskosten zu beteiligen.

Laut Senatssprecherin Reetz ist „eine gewisse Übernutzung der Flächen in Großstädten ganz normal, da es immer zu wenig Grün für alle gibt“. Das deprimierende Fazit: Wer ein müllfreies Leben bevorzugt, ist in Garmisch-Partenkirchen besser aufgehoben. BEATE WAGNER