berliner szenen Die Videokassette und ich

Eva E. rettet den Abend

Manchmal scheint das Leben nur da toll zu sein, wo man selbst nicht ist. Bei der Helge-Schneider-Lesung letzte Woche bei Dussmann zum Beispiel. Tausende hätten den Komiker gefeiert, erzählte eine Bekannte. Nur man selbst hatte nichts davon gewusst. Also musste man unbedingt in seinen neuen Film, was aber auch nicht klappte, da man passend zum Titel („Der frühe Vogel fängt den Wurm“) viel zu spät kam. Immerhin erinnerte ich mich dann daran, dass zu Hause noch eine Kassette des neuen Lothar-Lambert-Films lag, die ich vergessen hatte, mir anzugucken. „Ich bin, Gott sei Dank, beim Film“ ist ein unkonventionelles Porträt der quicklebendigen 80-jährigen Schauspielerin und Regieassistentin Eva Ebner, die in 400 Filmen (u. a. Edgar Wallace und Karl May) zu sehen war. Die Halbjüdin stammt aus Danzig und wurde nach dem Krieg von den Russen vertrieben. Seit fast vierzig Jahren lebt sie mit ihrem zwölf Jahre jüngeren Freund, dem Komponisten Gutama Soegijo, zusammen. Das breite Lächeln der schmalen, eleganten Dame ist bezaubernd. Sehr berührend, wie sie von sehr traurigen und schönen Stationen ihres Lebens erzählt, sich oft auch mit dem Filmemacher streitet oder einfach nur Auto fährt. Durch den Verzicht auf Rückblenden und Off-Kommentare wirkt der Film äußerst gegenwärtig, fast als stünde man zwei Meter neben Eva Ebner, wenn sie erzählt. Sehr schön sind auch die Nachinszenierungen kleiner Edgar-Wallace-Szenen. Wie in allen Lambert-Filmen gibt es auch hier ein paar Sätze, die man gern aus dem Zusammenhang gerissen zitiert: „Du kannst mich verklagen vor Gericht, aber ich finde dich heute einfach unerträglich.“ So war der Abend wieder gerettet. Zurzeit läuft der Film noch in der Brotfabrik. DETLEF KUHLBRODT