piwik no script img

Babies oder Tennisspielen

Handelskammer-Junioren wählen Reinigungsfirma zum familienfreundlichsten Unternehmen. Wirtschaftsprofessor fordert Recht auf Privatleben auch für Kinderlose

Die Gebäudereinigungs GmBH „Karo“ wurde mit dem „Family Maker“ ausgezeichnet und damit zum familienfreundlichsten Unternehmen Hamburgs gekürt. Verliehen wurde der Preis jetzt erstmals von den „Wirtschaftsjunioren“, der Jugendorganisation der Handelskammer, die damit für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf werben möchte.

„Karo“ bietet ihren 520 MitarbeiterInnen nach eigenen Angaben „flexible Arbeitszeiten“. Ihre Geschäftsleitung hat „immer ein offenes Ohr für jegliche Art von Problemen“, heißt in der Begründung. Bei Bedarf bekommen MitarbeiterInnen sogar eine Ehe- und Schuldnerberatung. Bei dem im Herbst gestarteten Wettbewerb hatten sich 24 Hamburger Firmen beteiligt. Platz zwei belegte der NDR, der seinen MitarbeiterInnen für Heimarbeit kostenlos Arbeitsmittel stellt und diese auch installiert und wartet. Ihm folgt die Überseespedition „Sea Master Shipping“, die laut Handelskammer Kita-Kosten „komplett übernimmt“.

„Hamburgs Unternehmen unterstützen ihre Mitarbeiterinnen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, lautet das optimistische Fazit der Wettbewerbs-Organisatorin Christina Meier-Ewert nach der Auswertung des fortan jährlichen Wettbewerbs. So bieten von besagten 24 Firmen 86 Prozent flexible Arbeitszeiten und 75 Prozent unbezahlten Zusatzurlaub für Eltern an.

Die „eigentliche Innovation“, so Meier-Ewert, liege aber in „vielen kleinen Maßnahmen“. Dazu gehörten „Besprechungen zu gesicherten Kinderbetreuungszeiten“ und eine „vorrangige Urlaubsplanung“ für Eltern von Schulkindern. Betrüblicher waren die Zahlen von Festredner Michael Domsch. Der Wirtschaftswissenschaftler verwies darauf, dass 64 Prozent der Mütter glaubten, sie könnten Beruf und Familie vereinbaren, aber 75 Prozent der Arbeitgeber es ablehnten, die Arbeitsbedingungen auf die Bedürfnisse von Familien auszurichten.

Gleichwohl sieht Domsch einen „Paradigmenwechsel“, weil derweil auch Männer und die Firmen selbst als Gewinner von Familienfreundlichkeit erkannt würden. Domsch plädierte dafür, auch kinderlosen MitarbeiterInnen ein „Recht auf Privatleben“ und „freie Tage für Hobbies“ zu gewähren. „Wenn die mal eine extra Tennistunde ergattern können, wird familienfreundliche Personalpolitik von allen akzeptiert“. KAIJA KUTTER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen