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Archiv-Artikel

Verhärtete Fronten in Sri Lanka

Norwegen schaltet sich erneut in die Friedensbemühungen zwischen Regierung und den Tamil Tigers ein

DELHI taz ■ Der norwegische Vize-Außenminister Vidar Helgesen ist am Wochenende zu Gesprächen nach Colombo gereist. Sri Lankas Präsidentin Chandrika Kumaratunga hatte Norwegen kurz nach der Vereidigung des neuen Kabinetts am 24. April gebeten, die Friedensbemühungen wieder aufzunehmen. Norwegen hatte diese im letzten November vermittelt, nachdem Kumaratunga mit der Übernahme des Verteidigungsministeriums eine Regierungskrise ausgelöst hatte, die in Neuwahlen und einen Regierungswechsel mündeten.

Auch die tamilischen „Befreiungstiger“ (LTTE) haben signalisiert, dass sie bereit sind, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Sie hatten diesen vor einem Jahr verlassen, mit dem Argument, die Regierung sabotiere die Demilitarisierung des Nordens. Der seit Februar 2002 geltende Waffenstillstand blieb jedoch in Kraft. Er hatte bis zum Rückzug der Tamil Tigers in sechs Verhandlungsrunden beachtliche Fortschritte gebracht, so etwa das Einverständnis der LTTE, für ein föderales Modell ohne Sezession einzutreten.

Obwohl beide Seiten eine rasche Wiederaufnahme der Gespräche wünschen, stehen die norwegischen Vermittler heute vor höheren Hürden als je zuvor. Der neuen Regierungskoalition der „United People's Freedom Alliance“ gehört neben der Partei der Präsidentin auch die radikale singhalesische „Janatha Vimukti Peramuna“(JVP) an, die für die Gespräche eine wesentlich härtere Gangart fordert. Aber auch die LTTE hat den Ton verschärft. Das „föderale Element“ sieht nun plötzlich wie eine verkappte Sezession aus, nachdem die „Tiger“ im November 2003 den Vorschlag einer „interimistischen selbstständigen Regierungsbehörde für den Nordosten“ (ISGA) eingereicht hatten.

Es ist der LTTE auch gelungen, bei den Wahlen mit 22 Mandaten beinahe alle tamilischen Sitze unter der Flagge der „Tamil National Alliance“ zu gewinnen. Von ihr erwartet die LTTE nun, dass sie im Parlament für die Durchsetzung der ISGA kämpfen.

In den Augen vieler Singhalesen kommt dieser Vorschlag praktisch einer Unabhängigkeitserklärung gleich. Er war es, der im letzten November die Regierungskrise ausgelöst hatte, weil Kumaratunga befürchtete, dass ihr Rivale, Premierminister Wickremesinghe, für die ISGA eintreten würde. Nun muss Kumaratunga sich selbst damit auseinander setzen, und sie hat dafür nicht einmal eine Parlamentsmehrheit.

Wie verwundbar die neue Regierung unter Mahinda Rajapakse ist, zeigte sich bereits zu Beginn seiner Amtszeit. Bei der Wahl des neuen Parlamentspräsidenten erlitt der Regierungskandidat eine peinliche Niederlage. Mehrere Abgeordnete der Jathika Hela Urumaya, einer neuen Partei buddhistischer Mönche, stimmten für den Kandidaten der Opposition, der sich schließlich durchsetzte.

BERNARD IMHASLY