: Total echtes Verbot
Die Politiksimulation „democracy online today“ sperrt der rechtslastigen Internetpartei FUN den Zugang
Otto Schily könnte neidisch werden. Sein Versuch, mit der NPD eine rechtslastige Partei zu verbieten, ist an der Justiz gescheitert. Da hatte es die Redaktion des von Studenten gegründeten und von der Bundeszentrale für politische Bildung geförderten Politsimulationsprojekts democracy online today, kurz dol2day genannt, einfacher. Sie verkündete am 5. Juni schlicht die „unwiderrufliche Löschung“ der rechtslastigen Internetpartei FUN (Freiheitlich – Unabhängig – National).
Die Redaktionsgruppe stützte sich bei ihrer Entscheidung auf Verfassungsschutzberichte, die die FUN-Betreiber hauptsächlich im Spektrum der NPD und ihrer Jugendorganisation JN orteten. Zudem drohe der mögliche Verlust von Sponsoren begründet. „Durch die Erwähnung im VS-Bericht verlieren wir Partner wie die Bundeszentrale für politische Bildung, die aufgrund ihres parteiübergreifenden Charakters als eine der ganz wenigen behördlichen Partner für uns in Frage kommt“, heißt es in der Redaktionserklärung.
Um über die Hintergründe der FUN mehr zu wissen, brauchte man freilich nicht auf den Verfassungsschutz zu warten. Die Rechtsextremismusexpertin Margret Chatwin berichtet im Informationsdienst gegen Rechtsextremismus von einer regelrechten Unterwanderungsstrategie der FUN. Im Internet sei der alte Traum der deutschen Rechten von einer Sammlungsbewegung im Internet Realität geworden. Laut Chatwin „gaben sich bei der FUN Konservative, Nationalliberale, Nationalrevolutionäre, Burschenschafter, Aktivisten der Freien Kameradschaften, Mitglieder und Funktionäre der Republikaner, der Jungen Nationaldemokraten und der NPD ein Stelldichein.
Doch auch rechten Gedankenguts völlig Unverdächtige sind mit der Löschung der FUN nicht einverstanden. Der Rechtsextremismusforscher Burkhard Schröder sieht darin „ein doppeltes Zeichen von Hilflosigkeit“. Verbote seien „immer eine Bankrotterklärung“, und die „Politiksimulation“ habe kläglich versagt: „Man ist noch nicht einmal in der Lage, das gescheiterte NPD-Verbot zu simulieren?“, kommentiert er im Internetmagazin Telepolis. Neben der christdemokratischen Internetpartei CIP hat auch die anarchistische Gruppierung dol2day Libre der FUN virtuelles Exil angeboten. Die aber übt sich lieber in der Opferrolle und bietet ein Protestbanner zum Download an: „Zum Schweigen bringen können sie uns nicht.“ PETER NOWAK