: 12.000 Dixie-Klos in der Heide
Naturschützer, Lärmgegner und Jäger haben sich zusammengeschlossen, um die Hangelarer Heider in Sankt Augustin vor dem Weltjugendtag 2005 zu bewahren
Köln taz ■ Naturgemäß haben Jäger und Vogelschützer nicht unbedingt dieselben Interessen: Schließlich jagt der eine oft gerade das, was dem andern schützenswert scheint. Für Achim Baumgartner vom BUND Sankt Augustin ist es daher „spannend“, dass sich die Jägervereinigung „Hegering Siegburg/Sankt Augustin“ und das „Vogelschutz-Komitee“ zusammen mit BUND, dem Verein „Lebenswerte Siebengebirgsregion“ und der „Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn“ zur „Schutzgemeinschaft Hangelarer Heide“ zusammengeschlossen haben. Damit stehe jetzt ein „breites Bündnis“ im Kampf um den Erhalt der Heide, so Baumgärtner.
Denn weite Teile des Gebiets – mit 250 Hektar fast so groß wie die Kölner Innenstadt innerhalb der Ringe – sind nach Auffassung der Schutzgemeinschaft akut bedroht von der Abschlussfeier des 20. Weltjugendtages mit Papst Johannes Paul II., die dort im August 2005 stattfinden soll. Dabei ist die Heide laut Baumgartner „fast 100 Prozent behördenverbindlich dem Naturschutz gewidmet“. Wenn die städtischen Behörden dort trotzdem eine Veranstaltung erlaubten, zu der bis zu 1,5 Millionen Menschen erwartet würden, „ist das eigentlich nicht legal“, glaubt er. Der BUND strebe daher auch eine Verbandsklage gegen die städtische Genehmigung des Großevents an.
Das Hauptargument der Kritiker: Durch die geplanten Baumaßnahmen und die Veranstaltung selbst würden viele der rund 130 bedrohten Tier- und Pflanzenarten gefährdet, die sich in der Heide angesiedelt hätten. So soll laut BUND ein acht Meter hoher „Papsthügel“ zu einer 3.500 Quadratmeter großen Bühne aufgeschüttet werden. Zu der werden sternförmig mehrere Wege führen, die laut Baumgärtner „so breit wie eine Autobahn“ sein werden. Auf ihnen sollen die LKWs fahren, mit denen die am Rand der Trassen stehenden Fressbuden und die 12.000 Dixie-Klos beliefert beziehungsweise an- und abtransportiert werden. Das eine Problem sei nun, dass die Klos kaum ausreichen würden für geschätzte 800.000 bis 1,5 Millionen Besucher. Die würden dann scharenweise „in die Gegend“ pinkeln, fürchtet Baumgärtner. Das aber könne der fast ausgestorbenen Heidenelke den Garaus machen, die keine Nährstoffe vertrage und deshalb den sandigen Heideboden liebe, erklärt der BUND-Experte. Zudem würden die LKW-Trassen bodenbrütende Vögel wie Kiebitz, Haubenlerche oder Feldlerche, die allesamt auf der „roten Liste“ gefährdeter Arten stehen, vermutlich aus dem Gebiet vertreiben – und das schon während der einjährigen Bauzeit. Und die selten gewordene Kreuzkröte, deren fingernagelgroße Jungtiere ausgerechnet im August durch die Heide hüpften, würde von den katholischen Heerscharen einfach totgetrampelt, vermutet Baumgärtner.
Angesichts dessen fordert die Schutzgemeinschaft, die Veranstaltung an einen anderen Ort zu verlegen. Und auch innerhalb der Kirche wächst die Kritik am Standort der Mammutveranstaltung: Die Gründungserklärung der Schutzgemeinschaft hat auch das Ökumenische Netzwerk „Initiative Kirche von unten“ unterschrieben. Susanne Gannott