: Weiter Streit um Subventionen für Kohle
Rot-grüne Koalitionskrise in Nordrhein-Westfalen: SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück gibt sich milder
DÜSSELDORF taz ■ Als dann auch noch Felix Genn den Aufzug im Düsseldorfer Stadttor bestieg und nach oben entschwebte, hätte man schon glauben können, das Schicksal des rot-grünen Bündnisses sei besiegelt. Aber auch wenn der Besuch des künftigen Bischofs des Bistums Essen der Grund dafür war, dass die gestrige Runde des Koalitionsausschusses nur bis 11.30 Uhr tagte, so kam er doch nicht, um die Sterbesakramente zu spenden. Vielmehr legte Genn in der Staatskanzlei nur das ab, was sich SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen weiterhin verweigern: seinen Treueeid.
Allerdings sind die Aussichten, dass sich die zerstrittenen rot-grünen Koalitionäre wieder zusammenraufen, nach der gestrigen Verhandlungsrunde immerhin nicht schlechter geworden. So war Ministerpräsident Peer Steinbrück nach der rund vierstündigen Aussprache mit den Grünen sichtlich bemüht, die dunklen Wolken über seinem Amtssitz zu vertreiben. Nach den rhetorischen Scharmützeln der vergangenen Tage gab er sich betont konziliant. Es habe eine „angemessene, professionelle und ruhige Debatte“ mit dem kleinen Koalitionspartner gegeben. Weiterhin gebe es etliche ungeklärte Fragen. Aber es hätten auch eine Reihe von Gemeinsamkeiten „aufgelistet und abgehakt“ werden können. Steinbrück relativierte zudem seine Aussage vom Wochenende, Düsseldorf brauche „mehr Rot pur“. Ein solcher Satz sei doch auf einem SPD-Parteitag „nicht so sensationell“.
Außerdem trat Steinbrück entschieden Gerüchten entgegen, vonseiten der SPD werde die Ablösung von Landesumweltministerin Bärbel Höhn gefordert: Er und SPD-Landesschef Harald Schartau hätten das Höhn-Ministerium „nie zur Disposition gestellt“. In einer Koalition lege jede Seite ihre eigenen Personalvorschläge vor. „Die andere Seite doktert da nicht dran herum – das gilt für den Ministerpräsidenten und auch für die Umweltministerin“, sagte Steinbrück, der um ein betont gelassenes Erscheinen bemüht war. Wie es in ihm weiter brodelt, ließ sich nur hinter seinem Rücken beobachten: Da rieben sich sein Zeigefinger und sein Daumen unablässig nervös aneinander.
Auch wenn es Steinbrück vermied, neues Öl ins Feuer zu schütten, ein Ende der Koalitionskrise ist noch nicht in Sicht. So konnten tragfähige Einigungen bei den behandelten Themenbereichen Standortpolitik, Arbeit, Energie, ökologische Modernisierung und Schule nicht erzielt werden.
Der ursprünglich auch für gestern geplante Streitpunkt Verkehr wurde zudem verschoben. Mit drei Runden am Montag, Mittwoch und Freitag sollen die Gespräche in der kommenden Woche fortgesetzt werden. Dabei soll es neben dem konfliktreichen Verkehrsbereich auch um Haushalt, Finanzen und Bürokratieabbau gehen.
Der grüne Landeschef Frithjof Schmidt zeigte sich denn auch zurückhaltend bei der Bewertung des Gesprächs: Zwar habe es in einer „offenen Atmosphäre“ stattgefunden. Aber zum einen gebe es weiterhin in etlichen Punkten Meinungsverschiedenheiten, zum Beispiel bei der zukünftigen Kohlesubventionierung. Zum anderen sei „über wichtige zentrale Zukunftsfragen noch nicht gesprochen“ worden. „Deshalb ist das alles ergebnisoffen“, resümierte Schmidt.
Auch Bärbel Höhn wollte keine Prognose über den Fortbestand von Rot-Grün abgeben. „Ich versuche, neutral in die Gespräche hereinzugehen und komme auch neutral wieder heraus“, formulierte sie vorsichtig.
PASCAL BEUCKER