: Expressomaschine und Zeitkonten
Private Sprachschulen richten sich immer mehr nach ihren Kunden. Landeskunde, Sprachreisen, Zeitkonten und individuelle Lehrpläne sollen neue Sprachschüler anlocken. Der private Sprachlernmarkt ist heiß umkämpft
VON SALVIO INCORVAIA
Der Markt für Sprachschüler in Nordrhein-Westfalen ist heiß umkämpft: Die privaten Sprachinstitute richten ihr Programm immer mehr nach den Lernbedürfnissen ihrer Kunden und locken mit speziellen Angeboten: „Starre Lehrpläne, feste Unterrichtsstunden und stures Vokabelpauken gehören der Vergangenheit an. Die Schüler wollen mehr Service für ihr Geld“, sagt Bernhard Marohn, Sprecher des Bundesverbandes der privaten Schulen in Deutschland (BDP).
Die Vermittlung von Sprachkompetenzen stehe bei vielen Sprachschulen im Vordergrund. Die didaktischen Konzepte richteten sich dabei auch nach den individuellen Maßstäben der Kunden.
So bieten viele Institute nun Zeitkonten an. Veranstaltungen können nach Belieben besucht werden, verpasste Stunden auch nachgeholt werden. Oftmals wird der Unterrich über ein Internet-Lernprogramme ergänzt. Auch die didaktischen Methoden sind vielfältig: Die Angebote können Unterricht mit fremdsprachiger Hintergrundmusik, exotischen Geräuschen, Sprachreisen und erlebnisorientierte Projekte beinhalten. Es gibt klassische Schulen, die weiter auf Intensivkurse mit Lehrbuch und Vokabeltraining setzen. Andere vermitteln problemorientiertes Lernen am Beispiel einer konkreten Aufgabe. Sprachschulexperte Thomas Schlange von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in NRW meint: „Derzeit überbieten sich die privatenAnbieter mit immer neuen Konzepten und Lernansätzen.“ Jeder wolle so individuell und so effizient wie möglich seinen Sprachunterricht anbieten.
Grund für die Programmvielfalt ist der heftig umkämpfte, Markt. Beim Konkurrenzkampf um die Sprachschüler überbieten sich die Anbieter mit immer spezielleren Lernangeboten und einer immer größeren Vielzahl an Schwierigkeitsstufen: „Bei uns können die Leute zwischen 23 Lernlevels auswählen“, sagt beispielsweise Birgit Hipler, Sprecherin der Sprachschule ‚Wallstreet-Inititute‘. Ihr Angebot reiche von Grundkursen namens ‚Survival‘ bis zu ‚All you can learn‘. Die Schule wolle ihre Angebote und das Personal weiter ausbauen.
Sprachlehrer aus dem Ausland sind bei den meisten der etablierten, großen Anbietern eine Selbstverständlichkeit. Die großen vier Anbieter der Branche in NRW und Deutschland sind ‚Berlitz‘, ‚Inlingua-Spachschulen‘, ‚Benedigt School‘ und ‚Wallstreet-Institute‘. Die vier Sprachanbieter unterscheiden sich nicht nur im Konzept. Auch die juristische Form der Sprachschulen kann sehr unterschiedlich sein: Sie können in Trägerschaft eines Vereins, einer GmbH, einer Stiftung, einer Kommanditgesellschaft oder einer Offenen Handelsgesellschaft sein. Bei den beiden Marktführern konkurrieren AG (Berlitz) und ein gemeinsames Franchisesystem mit geschäftlich eigenständigen Unternehmen (Inlingua) miteinander.
Die größte Konkurrenz der privaten Sprachschulen ist noch immer die Volkshochschule. Der Landesverband der Volksschulen in NRW hat keine Angst vor den Privatschulen: „Auch wir bieten alle europäische und internationale Sprachzertifikate an. Crashkurse für Sprachen gehören ebenso zu unserem Angebot“, sagt selbtsbewußt Rainer Hammelrath, Direktor des VHS-Landesverbandes. Zudem gebe es eine VHS in den meisten NRW-Kommunen. Hingegen gebe es die Sprachschulen nur in den Ballungsräumen. Hammelrath: „Bei uns ist es güntiger, dafür steht aber keine Zimmerpflanze und Expressomaschine in den Unterrichtsräumen.“
Der Kostenunterschied sorgt dafür, dass die Masse an Sprachschülern die privaten Anbieter bislang größtenteils meidet. So kostet der exklusive Einzelunterricht an einem privaten Institut zwischen 10 und 40 Euro in der Stunde. Für den Kleingruppenunterricht müssen immerhin noch zwischen 6 und 25 Euro investiert werden. Die NRW-Volkshochschulen bieten dagegen ihre Gruppenkurse für zwei bis sechs Euro pro Stunde.
Bernhard Marohn, Sprecher des Bundesverbandes der privaten Schulen in Deutschland (BDP) halt dagegen: „Qualität hat nunmal seinen Preis.“