: Gen-Weizen in Sachsen-Anhalt ausgerupft
Der Widerstand gegen die großflächige Aussaat von manipuliertem Getreide ist in Sachsen-Anhalt größer als erwartet
DRESDEN taz ■ Die Pläne der Landesregierung Sachsen-Anhalts, sich als Land der Biotechnologie zu profilieren, haben einen empfindlichen Dämpfer erhalten. Unbekannte rissen in der Nacht zum Dienstag die Pflanzen auf dem bundesweit ersten Versuchsfeld für gentechnisch veränderten Weizen bei Bernburg heraus. Das nur 450 Quadratmeter große Areal inmitten eines Rapsfeldes ist im Besitz der Landesanstalt für Landwirtschaft. Betrieben wird der Versuchsanbau von der hessischen Firma Syngenta. Ein Firmensprecher kündigte inzwischen den Rückzug seiner Firma an. Man werde nun erörtern, ob ein weiteres Engagement in Deutschland insgesamt noch Sinn habe.
Ende März hatten bereits Greenpeace-Aktivisten ein anderes Versuchsfeld unbrauchbar gemacht, indem sie Bioweizen dazwischen streuten. Deshalb war der gegen Insekten resistente Weizen Anfang April unter starkem Polizeischutz ausgesät worden. Aus Umweltschützerkreisen waren immer wieder Vermutungen geäußert worden, Sachsen-Anhalt sei wegen des erwarteten geringen Widerstandes aus Ökokreisen zum Vorreiter ausgewählt worden. Greenpeace hatte deshalb vor zwei Tagen ein Büro in Magdeburg eingerichtet. Inzwischen aber formieren sich auch die Gegner unter der Bauernschaft. Der bundesweite Agrarverein „Neuland“ macht sich für gentechnikfreie Anbauregionen stark. 23 Bauern in der Altmark hatten Mitte April eine solche Zone entlang der Bundesstraße 190 ausgerufen.
Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke (CDU) sprach gestern von einem feigen Akt. „Wer gegen Gentechnologie ist, sollte offen diskutieren und genveränderte Produkte nicht kaufen oder anwenden.“ So, als sei nichts geschehen, wurde im Magdeburger Wirtschaftsministerium gestern der bundesweite Start des Erprobungsanbaus von Gen-Mais bekannt gegeben – auf 29 Standorten mit insgesamt 300 Hektar. Die Initiative geht auf Sachsen-Anhalt zurück, wobei sich die Mehrzahl der Versuchsfelder allerdings in Bayern befindet. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Hallenser Universität. Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) wandte sich dagegen, eine Technologie zu verteufeln, ehe sie ausreichend erprobt sei. „Der jüngste Vorfall hat die Regierung bestätigt, Versuchsflächen auch künftig geheim zu halten“, sagte Ministeriumssprecher Rainer Lampe der taz. Ob das überhaupt möglich ist, bezweifelt Oliver Wendenkampf vom BUND. Er sieht darin einen Verstoß gegen die so genannten Koexistenzregelungen der EU, die eine Information der betroffenen Nachbarn verlangen. Das Ministerium hingegen verweist auf privatwirtschaftliche Abmachungen zwischen den insgesamt 6 Bauern in Sachsen-Anhalt und den Biotech-Firmen. Außerdem sei es nicht Versuchs-, sondern Erprobungsanbau. MB