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Archiv-Artikel

Die Vorsprungs-Mär

Gewerkschafter und Politik regen sich über den Conti-Chef auf. Der sagt: Bald gibt’s hier keine Reifenwerke mehr

Von ksc

Hannover taz ■ Die Abwanderung in Niedriglohn-Länder sei „nicht aufzuhalten“, „in 30 Jahren haben wir hier wahrscheinlich keine Reifenwerke mehr“, hatte Continental-Chef Manfred Wennemer zur Zeit gesagt – und kassierte dafür gestern Prügel. Wennemers Äußerungen seien „unverantwortlich, vor allem gegenüber der Belegschaft und deren Motivation“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt. Der Aufsichtsrat müsse sich damit befassen. Selbst Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) fand Wennemers Worte „inakzeptabel“ und warnte den Boss des Reifen-Multis davor, den Standort schlecht zu reden.

Das Problem ist, dass Wennemer nur sagte, was sein Konzern seit Jahren betreibt – erfolgreich. Conti ist einer der Stars im Dax, 2003 fuhr man einen Gewinn von 314 Millionen Euro ein. Nachdem die Firma 2001 in die roten Zahlen rutschte, schloss Conti fünf Reifenwerke, eins davon in Deutschland. Seitdem baut das Unternehmen mit derzeit weltweit rund 72.000 Beschäftigten vor allem in Rumänien, Tschechien und der Slowakei Kapazitäten auf.

Da passt es ins Konzept, wenn Wennemer betont, selbst Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnausgleich wie im Conti-Werk Hannover (1.700 Jobs) könnten den Trend zur Verlagerung nur verzögern. Conti gebe darum „auch keine Arbeitsplatzgarantien“. Und: „Der technische Vorsprung ist eine Mär, die wir in Deutschland pflegen.“ ksc