: Nachtreten, politisch korrekt
Gewinnen wollen alle: Zum 25. Mal kämpften am Samstagnachmittag Freizeitkicker um den August-Postler-Pokal. Das Ex-taz-Turnier ist eines der ältesten in Deutschland
von JAN FREITAG
„Schiri! Wie lange noch?“ Die Frage aller Fragen im Amateurfußball. Dort, wo keine Anzeigetafeln Spielstände verkünden, ist noch Stimmkommunikation mit der Ordnungsmacht vonnöten. „Schiri! Wie lange noch?“ ist denn auch eines der meist gestellten, gerufenen, gebrüllten Anliegen auf vier Grandplätzen zwischen Hagenbecks Tierpark und U-Bahn Emilienstraße.
Kein Wunder – die Zeit drängt. Zwei mal zehn Minuten dauern die Spiele des Freizeitkick-Turniers um den August-Postler-Pokal. Es sind reichlich Spiele zu absolvieren, es sind 24 Teams am Start, es geht um ein paar elend hässliche Trophäen, vielleicht auch um so etwas wie Ehre, Siegeswillen, Durchsetzen im Kleinen. Es geht, kurzum, um alles.
Wenn sich auf den Eimsbüttler Reinmüller- und den 300 Radsekunden entfernten Wolfgang-Meyer-Plätzen in Zoonähe die wohl unprofessionellsten aller Hamburger Fußballkollektive zum FSK-Turnier treffen, vergessen selbst gestandene Linke gern ihre Vorbehalte gegen die Ellenbogengesellschaft.
Das ist auch am Samstag nicht anders. Die Teams heißen Schubrakete 03, Redside St. Pauli oder Hottentottenham. Sie tragen in ihren Namen oft die Farbe ihrer Gesinnung, doch die legen sie kurzfristig an der Seitenlinie ab. Es sind mal lockere Anhäufungen von Liegewiesenkickern, mal umbenannte Herrenabteilungen lokaler Sportclubs. Gewinnen will jede. „Das wird hier immer härter“, befindet mit Yves von „FC 3. Kraft 2000“ selbst ein Freund robuster Grätschen.
Ehrgeiz macht auch vor Linken nicht halt. Dafür fällt man weich: Dauerregen verwandelt das Geläuf schon kurz nach neun in eine Kneipp-Anlage. Das stört besonders Techniker wie den Dauerhalbfinalisten von Vollmond Altona oder SF Valerij Lobanovsky, die sich bereits in der Vorrunde gegenüberstehen und achtkantig rausfliegen.
Nur zwei Teams pro Sechsergruppe kommen weiter. Um der Chronistenpflicht Genüge zu leisten: Im Finale stehen Fish Park Rangers und Köyum Treff. Die Sieger von 1995 putzen die türkischen Debütanten trocken mit 2:0. Kurzer Jubel, schneller Abmarsch. In einer Kneipe gibt‘s den Pokal, benannt nach einem Nazi-Opfer der KPD – das Turnier, bundesweit eines der ältesten seiner Art, war vom ersten Anstoß 1978 bis in die 90er nach der Deutschen Kommunistischen Partei DKP benannt, bis es dann zeitweilig für einige Jahre auch mal von der taz ausgerichtet wurde.
Jetzt stiftet das Freie Sender-Kombinat FSK den Siegercup. Aber auch der Hans-Hubert-Vogts-Pokal für den Letzten ist umkämpft. Während auf der einen Seite acht extrem blonde Cheerleader unermüdlich Pompoms schütteln und gegenüber kopfbetuchte Muslime eher still zusehen, erkämpft sich davor Inter Stadtpark die Loser-Trophäe. „Das ist hier ein richtiger Kulturcrash“, urteilt Organisator Georg übers Publikum. Da zudem eine Reihe von Frauen mitspielen, ist die Performance perfekt. Auch wenn die gemischten Teams eher um den Bundesberti-Pokal kämpfen.
„Schiri! Wie lange noch?“ Für einige kann es manchmal gar nicht lange genug dauern bis zum Abpfiff.