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Archiv-Artikel

HVB soll abgeschrieben haben

Die Researchabteilung der HypoVereinsbank steht in den USA vor Gericht, weil ihr Asien-Chefökonom Analysen möglicherweise einfach von der Konkurrenz geklaut hat

NEW YORK taz ■ Die Hypo-Vereinsbank (HVB) hat nicht nur hierzulande mit Klagen zu kämpfen. In New York muss sie wegen eines Plagiat-Vorwurfs vors Gericht. Die Analystenfirma High Frequency Economics wirft ihr vor, ganze Passagen aus 22 High-Frequency-Analysen geklaut zu haben. Der Ex-HVB-Chefökonom für Asien, Jan Lee, soll sie unter seinem eigenen Namen auf der Webseite der Bank veröffentlicht haben.

Die Angelegenheit könnte die HVB teuer zu stehen kommen. Carl Weinberg, Leiter der Research-Firma, verlangt nicht nur eine saftige Entschädigung, sondern will auch eine Entschuldigung. Zudem soll die HVB eine Unterlassungserklärung unterzeichnen. Damit will Weinberg sich gegenüber seinen Kunden absichern, die jährlich 260.000 Dollar auf den Tisch legen müssen, um die täglichen und wöchentlichen Analysen zum Stand der Weltwirtschaft zu erhalten. Sie würden ihre Abonnements schnell abbestellen, wenn sie die gleichen Informationen woanders viel preiswerter bekämen.

Und dass das zumindest im Streit HVB und High Frequency nahe liegt, zeigen die Beispiele in der Klageschrift. So wird dort aus einem Bericht der klagenden Firma zitiert: „Diese neueste Entwicklung verstärkt unseren Verdacht, dass die Regierung schon weiß, dass es eine Pleite geben muss, wenn die Berichte der Finanzinstitutionen für das Geschäftsjahr am Ende des Monats eingereicht werden.“ Wer am gleichen Tag auf die Webseite von HVB klickte, konnte laut Klageschrift bei Lee lesen: „Die letzte Entwicklung passt zu meinem Verdacht, dass der innerste Zirkel der Regierung schon weiß, dass eine Pleite bevorsteht, wenn die Finanzinstitutionen am Ende des Monats ihre Geschäftsberichte einreichen.“

Die HVB hat versucht, den Schaden möglichst gering zu halten. So wurden Lees Berichte von der Webseite der Bank und in Suchmaschinen wie Google gelöscht, nachdem Weinberg die Bank über den Plagiatsversuch informiert hat. Seit Juni ist Lee nicht mehr bei der HVB.

Doch Güteverhandlungen sind geplatzt, weil Weinberg das finanzielle Entschädigungsangebot der Bank nicht hoch genug war. Der Ökonom weiß inzwischen, was er fordern kann. Zwei Maklerfirmen, die er ebenfalls beim Berichteklau erwischt hat, deren Namen er aber nicht nennen will, sollen ihm bereits dicke Abfindungen gezahlt haben.

Und was ist mit Lee? Laut Zeitungsberichten ist der Ökonom jetzt in Schanghai, wo er das Geld von Freunden und Verwandten verwaltet und als christlicher Missionar gute Taten vollbringt.

HEIKE WIPPERFÜRTH