: Frau Weiss, bitte übernehmen Sie
Auf dem Topographie-Feld tut sich was: Der Arbeitsausschuss der Stiftung fordert eine Übernahme des Projekts durch den Bund. Der Verein Aktives Museum protestiert mit einer Mahnwache gegen die jahrelange Verschleppung des Baus
Vielleicht fällt die Auseinandersetzung mit den Opfern leichter als die Auseinandersetzung mit den Tätern und ihrem System: In einem Jahr, am 8. Mai 2005, wird mit der Eröffnung des Holocaust-Mahnmals der lange Kampf um den zentralen Ort des Gedenkens zu Ende gehen.
Nur wenige hundert Meter entfernt, auf dem Gelände der Topographie des Terrors, kann man dagegen vom Abschluss einer schier endlosen Geschichte nur träumen. Gestern machte der Arbeitsausschuss der Topographie seiner Empörung über die jahrelange Verschleppung Luft: „Jede weitere Verschiebung wäre ein politischer Skandal“, erklärte das Beratergremium, das sich seit 1989 mit dem Projekt beschäftigt. Der Arbeitsausschuss fordert nun eine Übernahme des Bauvorhabens durch den Bund. Das Land Berlin sei mit dem Projekt offenkundig „politisch, administrativ und finanziell überfordert“.
Auch der Verein Aktives Museum fordert den Bund auf, die Topographie zu retten. „Der Senat hatte elf Jahre lang die Chance. Doch derzeit liegt die Realisierung des Dokumentationszentrum ferner denn je“, sagte die Vorsitzende Christine Fischer Defoy. Seit gestern Mittag protestiert der Verein mit einer 24-stündigen Mahnwache auf dem ehemaligen Gelände der Gestapo, der SS und des Reichssicherheitshauptamts.
Die Arbeiten an dem komplizierten Neubau des Schweizer Architekten Peter Zumthor wurden 1999 eingestellt, als klar wurde, dass die ursprünglichen Baukosten von 18 Millionen Euro um ein Vielfaches steigen würden. Der Bund und das Land, die sich die Finanzierung teilen, begrenzten die Kosten auf 38,5 Millionen Euro. Seitdem wird geprüft, ob sich der Entwurf in diesem Rahmen überhaupt realisieren lässt. Bis Ende Mai sollen ein Gutachten der Bauverwaltung und eine Machbarkeitsstudie des Bundes miteinander abgeglichen werden. Kulturstaatsministerin Christina Weiss forderte vor zwei Wochen eine baldige Entscheidung: „Entweder Berlin beginnt zu bauen, oder man kommt zu der Überzeugung, alles noch mal von vorne zu beginnen.“
Der Arbeitsausschuss der Topographie machte gestern auch die „unentschlossene Politik von Bund und Land“ für die immer neuen Terminverschiebungen verantwortlich. Von Anfang an habe der Senat in dem geplanten Neubau nur ein architektonisches Prestigeobjekt gesehen. Aus Enttäuschung über die verfahrene Situation war im April der Wissenschaftliche Direktor der Topographie, Reinhard Rürup, nach fünfzehn Jahren Tätigkeit zurückgetreten. „Die Politik behandelt diesen dritten Gedenkort neben dem Jüdischen Museum und dem Holocaust-Mahnmal nachrangig, weil sie entweder noch nicht oder zu gut die Bedeutung dieses Ortes begriffen hat“, sagte Ausschussmitglied Gerhard Schoenberner. Die Situation sei „unerträglich“ geworden, ergänzte sein Kollege Peter J. Winters: „Wir wären inzwischen auch mit einer besseren Baracke zufrieden.“
Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor, will nicht nur dem Senat die Schuld an der jahrelangen Bauverzögerung geben: „Vielleicht hätte die Stiftung schon viel früher sagen müssen: Bis hierher und nicht weiter.“
WIBKE BERGEMANN