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Archiv-Artikel

Misshandlungen outgesourct

Laut Taguba-Bericht gehören zwei der Angeklagten von Abu Ghraib privaten Firmen an, die als Ermittler und Aufpasser im Auftrag des Pentagons arbeiten. Noch ist unklar, welches Recht für sie gelten wird

WASHINGTON taz ■ In den Folterskandal im irakischen Gefängnis Abu Ghraib sind nicht nur US-Soldaten verwickelt, sondern auch Mitarbeiter privater Firmen, angeheuert vom Pentagon. Der armeeinterne Untersuchungsbericht von General Antonio Taguba wirft zwei zivilen Mitarbeitern der Firma CACI International vor, an Misshandlungen von Häftlingen beteiligt gewesen zu sein. Das Unternehmen ließ verlauten, vom Pentagon bislang nicht über die Vorwürfe informiert worden zu sein. Daher sehe man sich nicht gezwungen, Konsequenzen zu ziehen.

Die Rolle und Haftbarkeit dieser private contractors steht nunmehr in den USA auf dem Prüfstand. Bis zu 20.000 zivile Auftragnehmer arbeiten nach Schätzungen in Afghanistan und im Irak für das US-Verteidigungsministerium. Ihr Einsatz hat seit den Terroranschlägen vom 11. September enorm zugenommen. Dabei verschwammen die Grenzen zwischen militärischen und zivilen Aufgaben. Waren die Zivilisten einst für Fahrdienste oder die Küche verantwortlich, erfüllen sie heute heikle Missionen wie Bewachung von Gefängnissen, Übersetzungen und Verhöre von Häftlingen.

Der Grund für die rapide gestiegene Nachfrage: Mit dem Krieg gegen den Terror setzte in den USA eine Jagd auf „actionable intelligence“, verwertbare Geheimdienstinformationen, ein. Durch die Invasionen in Afghanistan und im Irak gab es plötzlich zu viele Gefangene für zu wenige Aufpasser, Bewacher oder Ermittler. „Das Reservoir war und ist ausgetrocknet“, sagt CIA-Veteran Richard Coffman, der heute eine private Sicherheitsfirma außerhalb von Washington leitet. Es gebe viel zu wenig qualifizierte, erfahrene Geheimdienstler, um all die Aufgaben zu erfüllen, die im Antiterrorkampf und beim Heimatschutz getan werden müssten.

Der Einsatz der Zivilisten erfolgt jedoch in einer rechtlichen Grauzone: Sie unterstehen keiner militärischen Befehlsgewalt und damit Militärjustiz. Auch die Strafverfolgung ist unklar und bisher nicht getestet, obwohl ein Gesetz existiert, das im Jahre 2000 verabschiedet wurde, nachdem Mitarbeiter einer US-Firma beschuldigt wurden, in Bosnien Frauenhandel betrieben zu haben. Der „Military Extraterritorial Jurisdiction Act“ kann theoretisch auch auf zivile Angestellte angewendet werden, die im Ausland Straftaten begehen. Er autorisiert das US-Justizministerium, gegen Subunternehmer des Pentagons zu ermitteln. Bislang wurde er nicht angewendet – ein Umstand, der sich aufgrund des wachsenden politischen Drucks ändern könnte.

Vorerst verlangen demokratische Kongressabgeordnete von Präsident George W. Bush, alle Verträge zu suspendieren, die das Pentagon mit privaten Firmen für die Überwachung und die Durchführung von Verhören abgeschlossen hat. MICHAEL STRECK