: Zu wandern ist des Schröders Last
Kompromiss bei Zuwanderungsgesetz: Kanzler soll Sondierungsgespräche mit der Union führen, um Chancen für weitere Verhandlungen zu prüfen. Falls es keine Einigung mit der Opposition gibt, will Koalition Gesetz im Alleingang durchsetzen
BERLIN epd/ap/afp ■ SPD und Grüne haben sich in der Koalitionsrunde am Freitag auf ein gemeinsames Vorgehen im Zuwanderungsstreit geeinigt. Bundeskanzler Schröder (SPD) soll zunächst Sondierungsgespräche mit der Union führen. Anschließend wollen SPD und Grüne klären, ob sie auf Basis der Sondierung die Zuwanderungsverhandlungen mit der Opposition fortsetzen können. Falls der Koalitionsausschuss keine Perspektive mehr für eine Einigung sieht, wollen SPD und Grüne Teile des Zuwanderungsgesetzes im Alleingang durchsetzen.
SPD-Chef Franz Müntefering sagte, die Entscheidung werde bis Anfang Juni und damit noch vor der Europawahl fallen. „Priorität ist ein gemeinsames Gesetz“, bekräftigte er. Aber wenn die Opposition „offensichtlich aus taktischen Gründen“ nicht zu einer Verständigung bereit sei, dann werde die Koalition allein handeln.
Der Grünen-Parteivorsitzende Reinhard Bütikofer zeigte sich „sehr zufrieden“ mit dem Ergebnis der Koalitionsrunde. Das „Trauerspiel“ der Vermittlungsverhandlungen werde nicht fortgesetzt. „Das Spiel wird neu angepfiffen.“ Es gebe jetzt klare zeitliche Vorgaben, die Union könne nicht länger auf Zeit spielen. Wenn die Sondierungsgespräche zu keinem Ergebnis führen sollten, werde die Koalition noch vor dem Sommer Teile des Zuwanderungsgesetzes sowie Sicherheitsgesetze allein auf den Weg bringen. Bütikofer betonte, Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) habe diesem Vorgehen zugestimmt. Schily hatte sich bisher stets gegen einen Alleingang der Koalition bei der Zuwanderung ausgesprochen. Die Vereinbarung soll morgen dem Länderrat der Grünen zur Abstimmung vorgelegt werden.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, begrüßte die Entscheidung. Zudem gebe es nun eine letzte Chance, mit der Union zu einem Kompromiss zu kommen. Er halte diese Chance für „sehr realistisch“, sagte Wiefelspütz, da der Kanzler die Gespräche mit der Union führen werde. Es sei gut, „wenn Schröder den Ball ins Tor bringt. Er ist sowieso unser Mittelstürmer.“
Die Union hat das angekündigte Vorgehen akzeptiert. „Wir verweigern ein solches Gespräch nicht, allerdings muss es seriös vorbereitet werden“, sagte Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) gestern. So müsse es vor dem Gespräch eine zwischen SPD und Grünen abgestimmte Position zu den Unionsforderungen nach mehr Sicherheit geben.
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