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Archiv-Artikel

Schule in Sack und Gasse

Neue Ausbildungslücke in Hamburg: GEW spricht von 1.500 zusätzlichen Anmeldungen bei beruflichen Vollzeitschulen. Größere Klassen drohen, Chance zum Fachabitur verbaut

Vor einer Ausbildungslücke ganz neuer Größe hat Hamburgs GEW-Chefin Stephanie Odenwald gewarnt. So gebe es 1.500 Anmeldungen mehr als im Vorjahr für die „Vollzeitformen der beruflichen Schulen“, in der Jugendliche ihre Schulpflicht abgelten, ohne am Ende ein Zertifikat oder eine Berufsausbildung zu erhalten. Odenwald hält das für „Sackgassenbeschulung und vertane Zeit“.

„Die Zahl 1.500 ist eine Schätzung der GEW und deutlich zu hoch“, hält Behördensprecher Alexander Luckow dagegen. Da bis zum Herbst viele Jugendliche noch eine Lehrstelle fänden, gebe es noch gar keine konkrete Anmeldungszahl. „Die Zahl stammt aus der Behörde“ berichtet hingegen der Berufsschul-Personalrat Bernd Viet. Weil man die nötigen Lehrer für diese hohe Schülerzahl nicht habe, seien nun größere Klassen und eine verschärfte Zulassung geplant.

In den Vollzeitformen waren laut DGB im Vorjahr rund 6.800 Schulabgänger untergebracht, im nächsten Jahr wären es dann über 8.000. Odenwald schätzt, dass bald jeder zweite keine Lehrstelle im betrieblichen System bekommt. Diese Zuspitzung ist eine Folge des verknappten Angebots, da nur noch 16 Prozent der Betriebe ausbilden. „Wir haben seit 2003 ein Ausbildungsproblem“, weiß Olaf Schwede von der DGB-Jugend zu berichten. Gab es für 2002 laut Arbeitsmarktbericht noch 9.020 betriebliche Ausbildungsplätze, waren es 2003 nur noch 7.613.

In diesem Jahr ging die Zahl noch erneut um 1,2 Prozent auf 7.356 zurück, während die Zahl der Bewerber um 1,7 Prozent auf 7.729 anstieg. Da etwa 30 Prozent der Plätze an auswärtige Bewerber gehen, bleibt ein hoher Teil der Schulabgänger unversorgt: „Schon für Realschüler“, sagt Schwede, „wird es schwierig.“

Doch laut Odenwald „rächt“ sich jetzt auch die noch von Schwarz-Schill beschlossene Schließung der zweijährigen Fachoberschule (FOS). Dort hatten immerhin rund 800 Realschüler die Chance, ihr Fachabitur zu machen. Da diese Ausbildung Praktika einschloß, war sie zudem kostengünstig. In Ermangelung dieses Angebots haben sich nun laut GEW zum Beispiel 250 Schüler für die einjährige Berufsfachschule „Handel und Industrie“ angemeldet – die aber keinen Abschluss bietet.

„So kann man“, findet Odenwald, „mit jungen Menschen nicht umgehen.“ KAIJA KUTTER