Patentamt legalisiert Biopiraterie

Der US-Konzern Monsanto erhält ein umfassendes Patent auf Weizen, das daraus produzierte Weizenmehl, Rührteig und Backwaren. Unter den Patentschutz fällt auch eine von indischen Bauern entwickelte und genutzte traditionelle Weizensorte

aus Berlin WOLFGANG LÖHR

Das Europäische Patentamt (EPA) in München muss sich wegen seiner Vergabepolitik im Bereich der Biopatente wieder einmal scharfe Vorwürfe gefallen lassen. Diesmal dafür, dass es im Mai ein umfassendes Patent für Weizen zur „Herstellung von knusprigen, mehlhaltigen, essbaren Produkten wie Biskuits oder Ähnlichem“ an den US-Konzern Monsanto vergeben hat. Das Patent EP 0 445 929 B 1 erfasst auch eine traditionelle indische Weizensorte. Das sei nichts anderes als „Biopiraterie“, kritisiert die Organisation Greenpeace, die das Patent erst jetzt in der EPA-Datenbank ausfindig gemacht hat.

Eigentlich haben die Forscher bei Monsanto nichts anderes gemacht, als was Landwirte und Züchter seit der Wiederentdeckung der Mendel’schen Vererbungslehre Anfang des letzten Jahrhunderts schon längst in ihre alltägliche Praxis aufgenommen haben. Sie haben verschiedene Pflanzensorten gezielt miteinander gekreuzt. Bei einer dieser Sorten handelte es sich laut Patentschrift um die „primitive Landsorte“ Nap Hal aus Indien. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass bei etwa 20 Prozent der Pflanzen zwei bestimmte Gene inaktiv sind oder sogar fehlen. Diese sind mitbestimmend für die Backqualität des Weizenmehls. Der bei Monsanto durch Kreuzung hergestellte Weizen soll besonders geeignet sein zum Backen von Keksen und Biskuits.

Monsanto ließ sich gleich die ganze Warenkette vom Acker bis auf den Teller patentieren. Damit erfasst das Patent sowohl den Weizen mit der besonderen Eigenschaft als auch das daraus hergestellte Mehl, den Rührteig und das Endprodukt, die Backwaren. Damit kann Monsanto selbst noch bestimmen, in welchen Supermarktketten und zu welchem Preis die Produkte verkauft werden dürfen.

Darüber hinaus steht nicht nur der durch die Kreuzung mit der Landsorte Nap Hal gezüchtete Weizen unter Patentschutz, sondern jeglicher Weizen, bei dem die beiden Gene nicht aktiv sind oder der diese besonderen Backqualitäten aufweist. Gültig ist das Patent in 13 europäischen Staaten: Es wurde nach Angaben von Greenpeace auch in Japan, Australien und Kanada eingereicht. In den USA wurde es bereits 1999 erteilt.

Als „Schwachsinn“ bezeichnet Christoph Then die Patenterteilung in München. Ursprünglich sollte mit dem Patenantrag auch ausdrücklich die Landsorte Nap Hal unter Verwertungsschutz gestellt werden. Diesen Anspruch lehnte das Patentamt jedoch ab, da sowohl nach dem Europäischen Patentübereinkommen als auch nach der EU-Biopatentrichtlinie Pflanzensorten ausnahmslos als nicht patentfähig gelten. Weil das EPA jetzt jeglichen Weizen mit den besonderen Eigenschaften patentiert hat, sind die indischen Bauern jedoch letztlich doch noch um ihre Rechte gebracht worden.

Greenpeace will das Weizenpatent nicht hinnehmen. „Wir bereiten einen Einspruch vor“, sagt Then. Unbedingt notwendig sei aber, dass die EU-Richtlinie, die derartige Patente ermögliche, in Brüssel neu verhandelt werde.