Fischer trifft Powell und Rice

Auf seiner Washington-Reise soll der Außenminister die US-Folterpolitik „laut ansprechen“

BERLIN taz ■ Der Außenminister hat einen Auftrag. Wenn er morgen seinen US-Kollegen Colin Powell und US-Sicherheitsberaterin Condoleeza Rize in Washington trifft, soll er den Amerikanern klar und deutlich sagen, was die Deutschen von den Folterungen und Misshandlungen durch US-Soldaten halten. „Das Thema muss laut angesprochen werden“, forderte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung und künftige Grünen-Chefin Claudia Roth. Auch Fraktionsvize Christian Ströbele gehen die bisherigen Verlautbarungen Fischers offenbar nicht weit genug. „Eine sehr kritische Äußerung der Bundesregierung ist überfällig“, sagte Ströbele, der sich damit in ungewohnter Einigkeit mit Guido Westerwelle übte. Der FDP-Chef verlangt von Fischer, den USA „unmissverständlich klar zu machen, dass Deutschland kein Verständnis für die Misshandlungen“ habe. „Mit undifferenzierter Loyalität kommen wir nicht weiter“, findet Westerwelle.

Fischer weiß, was von ihm erwartet wird – ein Ding der Unmöglichkeit. Einerseits heißt es von allen Seiten, er möge in Washington gewaltig auf den Tisch hauen. Andererseits wären Oppositionspolitiker wie Westerwelle die Ersten, die ihn kritisieren würden, wenn sein Besuch bei Powell und Rice zu einer Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen führen würde.

Anzunehmen ist, dass Fischer deshalb bei seiner Linie bleibt, die er im Gegensatz zum Kanzler selbst im Antikriegswahlkampf 2002 durchhielt: Kritische Anmerkungen, ja. Poltertöne, nein. Schließlich sah und sieht Fischer seine Rolle darin, den Dialog mit Washington aufrecht zu erhalten und mäßigend auf die US-Regierung einzuwirken – soweit das möglich ist. Sein ohnehin begrenzter Einfluss, das ist ihm klar, würde jedenfalls noch mehr schwinden, wenn er Bush & Co. durch laute Töne provoziert. Dazu ließ er sich auch auf dem Parteitag der Grünen nicht hinreißen, wo das gut angekommen wäre. Im Kampf gegen den Terrorismus dürfe „das Recht nicht mit Rechtlosigkeit“ verteidigt werden, formulierte Fischer eher allgemein. „Die schlimmste Niederlage wäre, wenn wir bei der Verteidigung des Rechts Recht und Freiheit aufgeben würden.“ Den Rücktritt Rumsfelds zu fordern, überließ er Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. LUKAS WALLRAFF