Ganz anders als Schill

Amtsgericht Hamburg verurteilt zwei Autodemolierer zu moderaten Geldstrafen von jeweils 400 Euro

Richterin Gudrun Stöhr hat leichtes Spiel. Die Angeklagten sind geständig und der Herr Verteidiger und die Frau Staatsanwältin schwelgen in denkwürdiger Eintracht. Was soll frau da noch richten?

Zu verhandeln ist der Fall des 23-jährigen Studenten Arne K. und seines ein Jahr jüngeren Freundes Philipp L. Im vergangenen November hatten sie – erheblich angeheitert – in der Hagenbeckstraße fünf parkende PKWs nicht links liegen lassen, sondern den direkten Weg über die Fahrzeuge genommen. Die Motorhauben hielten allesamt der unsachgemäßen Behandlung nicht stand, und so summierte sich der Schaden binnen weniger Minuten auf 5.250 Euro.

Arne K. gibt preis, dass ihn unmittelbar vor der Tat seine Freundin verlassen hätte. Sein Freund betont, dass sich nach dem anschließenden gemeinsamen Besäufnis wohl „aufgestaute Aggressionen“ entladen hätten, wobei bedauerlicherweise eine „Sicherung auf der Strecke geblieben“ wäre.

Spannend bleibt somit allein die Frage des Strafmaßes. Seit ein Amtsrichter namens Ronald Schill im Herbst 1996 eine psychisch kranke Frau, die zehn Autos zerkratzt hatte, zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilte, wurden die juristischen Maßstäbe für solche Straftaten in der Hansestadt munter diskutiert. Doch in diesem Verfahren ist von Schills Geist nichts mehr zu spüren. Die Staatsanwältin fordert eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen, und als sie für einen Tagessatz von zwei Euro plädiert, mag nicht einmal der Verteidiger unter dem Strafantrag bleiben.

Richterin Stöhr bleibt es vorbehalten, die seltene Einigkeit der Prozessparteien zu durchbrechen und – in Schillscher Manier, aber nicht nach Schillschen Rechtsmaßstäben – ein Urteil zu sprechen, das über dem Antrag der Anklägerin liegt. „Nur Strafgefangene bekommen den Mindestsatz von zwei Euro“, verkündet sie und erhöht prompt auf 80 mal fünf Euro.

Doch auch die Geldstrafe von 400 Euro pro Angeklagtem löst keinen Widerspruch aus – Anklage und Verteidigung nehmen das Urteil umgehend an, das damit rechtskräftig ist.

MARCO CARINI