: Es graut so grau
Was sehen junge Künstler, wenn sie heute die Natur beobachten? Im Projektraum der Galerie Engler & Piper sind 13 Positionen aktueller Naturverbundenheit zu sehen
Die wilde, unberührte Natur an sich will niemand sehen. Sie ist öde, trostlos und oft gefährlich. Unsere Vorstellungen von Natur sind durch die Ideale der Landschaftsgärtner und der Maler des 18. und 19. Jahrhunderts geprägt. So ist es keine abwegige Idee in einer kleinen Ausstellung zu fragen, welche Bilder junge Künstler heute zum Thema „Naturbeobachtung“ zeigen.
Dass die Ausstellung im Projektraum der Galerie Engler & Piper mit 13 beteiligten Künstlern keinen allgemeingültigen Überblick über die aktuellen Positionen zu diesem Thema in der Kunstszene geben kann, ist verständlich. Zumal Edmund Piper, der die Ausstellung kuratierte, ganz bewusst auf bekannte Namen verzichtet hat und lieber die jungen und unbekannten KünstlerInnen vorließ. Dennoch werden viele Probleme der Darstellung von Natur zwischen Malerei und virtueller Realität angesprochen. Zugunsten eines schlüssigen Konzepts lud Piper auch viele Künstlerinnen aus dem In- und Ausland ein, die im sonstigen Galerienprogramm nicht auftauchen. In Zukunft sollen in diesem Projektraum mit seiner preußischen Stichkappendecke und den hohen Wänden monatlich wechselnde Ausstellungen auch von eingeladenen Kuratoren gezeigt werden. Ein interessantes Projekt, das die Galerienlandschaft im Pfefferberg sicher bereichern wird.
Eine Naturidylle wird derzeit nicht gezeigt. Andreas Wendler erinnert mit seinem riesigen Waldstück an die Fototapeten der Siebziger, als man sich mittels ein bisschen Wallpaper das „reinste Naturerlebnis“ hinter das Sofa holte. Ellen Semen aus Wien ist da zeitgemäßer. Die Natur dient ihr nur als Vorwand fürs Malen. Dabei lässt sie einen psychedelischen Traum im Urwald explodieren. Insgesamt lässt sich als Tendenz bei diesen „Naturbeobachtungen“ feststellen, dass die Künstler lieber die Natur technisch behandeln. Hinaus zu gehen scheint keiner zu wollen. So mag denn auch Jean Gid Lee die Blätter seiner Pflanzen lieber richtig bunt und hat sie mit gemusterter Folie beklebt, während sich Georgia Creimer ein Bewässerungssystem für Blumenvasen ausgedacht hat. Mit der Fähigkeit der Sinnestäuschung arbeitet die Österreicherin Julie Monaco. Sie konstruiert am Computer düstere virtuelle Seestücke. Das Auge fühlt sich getäuscht, und doch entspricht dies der eigenen Naturerfahrung. Vielleicht will man ja wirklich Natur in ihrer Urform nicht mehr erleben. Man konstruiert sie sich lieber künstlich.
SPUNK SEIPEL
Bis 30. Juni, Pfefferberg-Haus 4, Christinenstr. 18/19, tgl. 13–20 UhrDas aktuelle Kondensat dient als kostenloser Katalog