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Archiv-Artikel

IKRK „tief verstört“

Von D.J.

BERLIN taz ■ Die Veröffentlichung des vertraulichen IKRK-Berichts über die Behandlung von Kriegsgefangenen im Irak durch das Wall Street Journal ist gegen den Willen der Organisation geschehen. „Ich bin tief verstört darüber, dass der Bericht ohne Zustimmung des IKRK zur Veröffentlichung freigegeben worden ist“, erklärte IKRK-Präsident Jakob Kallenberger am vergangenen Freitag in Genf, als das US-Blatt die ersten Auszüge gebracht hatte. „Das IKRK erfüllt sein Mandat, in bewaffneten Konflikten festgehaltene Personen zu schützen, indem es Probleme und Übergriffe privat bei den festhaltenden Autoritäten und ihren Vorgesetzten anspricht“, erklärte Kallenberger. „Diese alteingeführte Praxis ermöglicht es uns, entschieden zu handeln, während wir zugleich sicherstellen, dass unsere Delegierten weiterhin Zugang zu Häftlingen weltweit haben.“

Schon manchmal hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zwar Kriegsverbrechen öffentlich gebrandmarkt. Seine Arbeit mit Kriegsgefangenen, wobei es vor allem um das Überprüfen der Einhaltung der Genfer Konventionen geht, ist aber so heikel, dass Öffentlichkeit als Nachteil gilt. Hier macht das IKRK vorgefundene Missstände in der Regel nie öffentlich, um den Zugang zu Kriegsgefangenen nicht zu gefährden. „IKRK-Delegierte müssen alle Häftlinge sehen und mit ihnen ohne Zeugen sprechen können, alle für Haftzwecke genutzten Örtlichkeiten besuchen können und ihre Besuche wiederholen können“, erläutert die Organisation. „Vor und nach diesen Besuchen werden mit den Verantwortlichen Diskussionen auf unterschiedlichen Ebenen durchgeführt. Dann werden vertrauliche Berichte erstellt.

Diese vertraulichen Berichte sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Das IKRK beschränkt sich darauf, die Anzahl und Namen der besuchten Orte, die Daten der Besuche und die Anzahl der besuchten Personen freizugeben. Es äußert keine Meinung über die Haftgründe und kommentiert die materiellen Bedingungen oder Umgangsformen, die es sieht, nicht öffentlich. Sollte eine Regierung unvollständige oder fehlerhafte Versionen von IKRK-Berichten veröffentlichten, behält sich das IKRK vor, sie vollständig zu veröffentlichen und zu verbreiten.“ Das war jetzt im Irak nicht der Fall.

Die Priorität des IKRK ist klar: Helfen ist wichtiger als Wehklagen. Nicht zu Unrecht gilt das IKRK in humanitären Kreisen als öffentlichkeitsscheueste Hilfsorganisation überhaupt. Es ist aber auch eine der effektivsten. D.J.