: Der Scheckenfalter erlebt es nicht mehr
Schleswig-Holstein weist fast 7,9 Prozent seiner Fläche als EU-Naturschutzgebiet aus. Eiderstedt noch in der Diskussion
kiel taz ■ Als Schleswig-Holsteins Umweltminister Klaus Müller (Grüne) gestern bekannt gab, dass die Landesregierung die Meldung von 228 Natura-2000-Gebieten nach Brüssel beschlossen hat, da konnte man beinahe vergessen, worum es bei der ganzen Sache überhaupt geht. Nur zu Beginn erwähnte der Minister den Scheckenfalter, eine Schmetterlingsart, für die jedes Naturschutzgebiet allerdings zu spät kommt – er ist laut Müller inzwischen ausgestorben. Danach wurde das Thema Natur nur noch in Form von Zahlen und Einwendungen behandelt.
Die beschlossenen 228 Gebiete umfassen eine Fläche von 92.500 Hektar, darunter auch Wasserflächen. So sollen etwa der Kleine und der Große Plöner See der EU als Naturschutzgebiet gemeldet werden, oder die Hohwachter Bucht mit ihren Lagunen. Zu den Landflächen, die laut Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU künftig geschützt werden, gehören etwa das Kiuser Gehege an der Schlei oder die Bunkeranlage im Kieler Stadtteil Wik, in der Teichfledermäuse leben. Insgesamt steigt der Anteil der geschützten Landesfläche von jetzt 5,4 auf 7,9 Prozent – einschließlich der Vogelschutzgebiete, die noch in der Diskussion sind.
Hinter den Zahlen steht der Aufwand, den die Ausweisung der Gebiete mit sich gebracht hat. Von Juli bis Oktober vergangen Jahres liefen die Beteiligungsverfahren, mit denen Bürger in den betroffenen Gebieten die Möglichkeit gegeben wurde, sich zu den geplanten Ausweisungen zu äußern. Davon Gebrauch gemacht haben rund 1.100 Betroffene. Das Ergebnis: Knapp 40 Prozent der Gebietsvorschläge wurden geändert. Ein Beispiel dafür ist die Keitumer Heide, die an den Flughafen Westerland grenzt: Dort wurde das Naturschutzgebiet um zehn Prozent reduziert.
Laut Müller wird es noch weitere Änderungen geben. Zur Diskussion stehen Gebiete in Lauenburg und der Elbmündung. Im Falle der Elbe gibt es Abstimmungsprobleme mit Niedersachsen, das auf dem gegenüberliegenden Ufer ebenfalls Natura-2000-Gebiete ausweisen will. In Lauenburg soll eine Fläche unter Naturschutz gestellt werden, auf der eigentlich ein Gewerbegebiet geplant war – auch hier gibt es noch Streitigkeiten.
Ebenfalls noch nicht beschlossen sind die elf geplanten Vogelschutzgebiete im Land, zu denen auch die umstrittene Ausweisung der Halbinsel Eiderstedt an der Nordsee gehört. Das von der Interessengemeinschaft „Pro Eiderstedt“ in Auftrag gegebene Gegengutachten wurde laut Müller zwar ausgewertet, die Gespräche mit den Beteiligten liefen aber noch.
Ein Zugeständnis hat das Umweltministerium allerdings schon gemacht: Entlang der Bundesstraße 5, die durch Eiderstedt führt, wird ein „Flurstreifen“ nicht ausgewiesen. Eine abschließende Entscheidung soll Ende Juni fallen. timm schröder