: Teures Haus am See
Die IHK Schwerin baut sich einen 14 Millionen Euro teuren Sitz, den sie eigentlich gar nicht braucht, und bringt damit die Mitglieder gegen sich auf. Konzipiert hat das Gebäude der Stararchitekt Hadi Teherani. Ein Baustopp ist juristisch schwierig
Der in Hamburg lebende Architekt und Designer ist durch eine markante Formensprache bekannt geworden. Das Bürohaus „Dockland“ am Elbufer in Hamburg-Altona ist einem Kreuzfahrtschiff nachempfunden, der „Berliner Bogen“ auf der Ausfallstraße Richtung Berlin ist wirklich ein Bogen aus Glas und Stahl – Teheranis bevorzugten Materialien. Sein Architekturbüro BRT, das der 54-Jährige mit zwei ehemaligen Mitstudenten betreibt, unterhält Filialen in Moskau und Dubai. TAZ
VON UTA GENSICHEN
Ein Rathaus der Wirtschaft sollen die Industrie- und Handelskammern sein, in Schwerin jedoch fühlen sich die rund 23.000 zugehörigen Unternehmen von ihrer IHK-Führung schon lange schlecht beraten. Der Zankapfel ist ein 14 Millionen Euro teurer geplanter Neubau, in bester Lage am Schweriner Burgsee. Den wollen die Mitglieder nicht aus ihren Beiträgen finanzieren.
Entworfen hat den Glaspalast der Hamburger Stararchitekt Hadi Teherani, der unter anderem für das dortige Dockland-Bürogebäude und die Europapassage verantwortlich zeichnete. Das nach dem Luftfahrtpionier und Schweriner Ehrenbürger benannte geplante „Ludwig-Bölkow-Haus“ für die IHK soll mit Geothermie beheizt werden und angeblich besonders wenig CO2 ausstoßen.
Unter dem Schweriner IHK-Präsidenten Jörgen Thiele haben im vergangenen August die Bauarbeiten für das neue Gebäude begonnen. Damals ging es hinter den Kulissen der Kammer allerdings schon heiß her. Die immer lauter werdende Kritik richtete sich nicht nur gegen den geplanten Neubau, sondern auch gegen die hohen Mitgliederbeiträge sowie unseriöse Machenschaften des IHK-Präsidiums.
Unter der Federführung mehrerer Mitglieder hatte sich bereits 2007 das Aktionsbündnis „Die neue IHK“ gegründet. Zwar schlug dessen Versuch, den Neubau zu verhindern, fehl. Die früheren IHK-Granden jedoch mussten nach den Wahlen zur Vollversammlung im Oktober ihren Hut nehmen. Mitte Dezember wählte die neue Versammlung einen neuen Präsidenten – in der Hoffnung, den endgültigen Bau des „Ludwig-Bölkow-Hauses“ noch zu verhindern.
Der neue IHK-Präsident, der Schweriner Unternehmer Hans Thon, tritt damit ein schweres Erbe an. „Die Leute haben die Bodenhaftung verloren“, habe er über die frühere Führung gedacht, als er zum ersten Mal von den Bauplänen hörte. „Da wollte sich wohl jemand ein Denkmal setzen“, sagt Thon. Schlimm genug sei es, dass regionale Architekten zugunsten des weitaus populäreren Teherani gar nicht erst um Entwürfe gebeten wurden.
Größere Bauchschmerzen bereitet Thon aber die fehlende Notwendigkeit eines neuen IHK-Sitzes. Denn neben dem aktuellen Sitz in der Schweriner Innenstadt gehöre der IHK noch ein weiteres Gebäude, das zur Nutzung durchaus geeignet wäre, sagt er.
Nach Angaben des alten IHK-Vorstandes sichert der Teherani-Prunkbau dagegen „die erfolgreiche Interessenvertretung der Wirtschaft der Region im politischen Gefüge“. Zudem erhöhe das geplante Prestigeobjekt „das Gewicht der Wirtschaft in der politischen Debatte“, war da zu hören. Die IHK hatte das Grundstück am Burgsee deshalb schon in den 90er Jahren erworben.
Den Bau des rund 6.000 Quadratmeter großen Teherani-Gebäudes noch zu verhindern, wird schwierig werden. Schließlich sind mittlerweile rund sieben der angepeilten 14 Millionen Euro in den neuen IHK-Sitz geflossen. Ein Baustopp sei also „nackter Wahnsinn“ und wegen der bereits abgeschlossenen Verträge wahrscheinlich nicht möglich, sagt Thon. Derzeit prüfe jedoch ein Anwalt die genaue Rechtslage.
Thon will dennoch alle Mittel ausschöpfen, um wenigstens einen Einzug in das neue Gebäude zu verhindern. „Wir werden versuchen, es möglichst zu verkaufen oder zu vermieten“, sagt er. Die Mitglieder werden das wohl zähneknirschend hinnehmen müssen. Pünktlich zur Eröffnung der Bundesgartenschau im April wird dann der Rohbau stehen. Im September soll das Gebäude offiziell eröffnet werden – mit der IHK oder ohne sie.