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Krieg erreicht Mitte von Liberias Hauptstadt

Durchbruch der Rebellen nach Zusammenbruch von Friedensbemühungen. Präsident Taylor: „Ich bin noch da“

BERLIN taz ■ Wieder einmal wird Liberias Hauptstadt Monrovia zum Schlachtfeld, und wieder rennen Zivilisten um ihr Leben. Tausende von Kriegsvertriebenen, die sich nach der letzten Kriegsrunde vor zwei Wochen allmählich zurück in die Vertriebenenlager am Stadtrand von Monrovia getraut hatten, flohen gestern erneut ins Stadtzentrum, nachdem die Rebellenbewegung Lurd (Vereinigte Liberianer für Versöhnung und Demokratie) eine neue Großoffensive auf die Hauptstadt begonnen hatte. Die Rebellen marschierten ihnen hinterher. Gestern nahmen sie eine strategisch wichtige Brücke ein, die den Zugang zum Zentrum Monrovias darstellt.

Liberias Präsident Charles Taylor wandte sich aus seiner Privatresidenz am östlichen Rand von Monrovia per Radio an die Bevölkerung und verkündete den Endkampf. „Es hat Gerüchte gegeben, wonach ich die Stadt verlassen hätte“, sagte er. „Landsleute: Ich habe euch gesagt, dass mein Leben nicht wichtiger ist als eures. Ich bin noch da. Wir werden diesen eklatanten Terrorakt bis zum Ende bekämpfen.“

Die neuen Kämpfe folgten auf den vorläufigen Zusammenbruch eines Friedensprozesses, der mit der Unterzeichnung eines Waffenstillstands zwischen Regierung und Rebellen am Dienstag vergangener Woche eingeleitet werden sollte. Darin war die Festlegung einer Waffenstillstandslinie, deren internationale Überwachung vereinbart worden sowie innerhalb von 30 Tagen die Bildung einer neutralen Allparteienregierung für Liberia unter Ausschluss von Präsident Taylor. Der Präsident lehnte kurz darauf seine Entmachtung jedoch ab. Daraufhin verließen die Rebellen die laufende Liberia-Friedenskonferenz in Ghana und begannen mit ihrer Offensive.

Der Angriff der Rebellen war überraschend heftig und erfolgreich. Am Dienstag fand das Kriegsgeschehen noch 15 Kilometer außerhalb von Monrovia statt; in der Nacht zu gestern setzte schwerer Artilleriebeschuss des Stadtzentrums ein, gestern erreichten die Kämpfe das Stadtzentrum. Parallel zum Vorrücken der Lurd ins Zentrum von Monrovia erzielten die Regierungstruppen Erfolge gegen die Rebellen in anderen Landesteilen. Doch das ändert wenig an dem Eindruck, dass die letzte Phase des Sturzes von Charles Taylor begonnen hat. Der liberianische Präsident wird international als Drahtzieher westafrikanischer Bürgerkriege angesehen; er ist mit UN-Sanktionen belegt und steht unter Anklage des UN-Tribunals für Sierra Leone.

Die letzte Chance zu einer politischen Lösung beginnt heute, wenn eine hochrangige Delegation des UN-Sicherheitsrats unter Leitung des britischen UN-Botschafters Jeremy Greenstock in Westafrika eintrifft. Auf der Tagesordnung der UN-Botschafter stehen die Konflikte in Liberia und der Elfenbeinküste, die Instabilität von Guinea und Guinea-Bissau, die Sicherung des Friedens in Sierra Leone und die Rolle der Regionalmächte Nigeria und Ghana. In Ghana, entscheidender Vermittler für Liberia, wird morgen Nachmittag auch Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin erwartet. DOMINIC JOHNSON

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