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Archiv-Artikel

berliner szenen Das Saarland bricht auf

Kleines Land ganz groß

„Immer wenn ich nach Berlin komme, regnet’s“, murmelt der Ministerpräsident und drängt sich an den wartenden Journalisten vorbei. Zwar ist sein Land eines der kleinsten im ganzen Bundesgebiet. Aber heute hat er Großes vor. Während ganz Deutschland auf den Aufbruch wartet, hat das Saarland nämlich klammheimlich schon damit angefangen. Man hat sich selbst einen tüchtigen Ruck à la Herzog gegeben. Und Peter Müller, Ministerpräsident dieses schönen Landes, wird nun gleich das Symbol des Aufbruchs enthüllen. Hinten an der Saarländischen Landesvertretung. Scholz und Friends habe ihm das geraten. Ganz groß, so dass es alle sehen. Auch die im Reichstag. Gerade die. Obwohl vorerst nur ein paar Bauarbeiter vom Holocaust-Denkmal her über die Hecke schauen.

Noch ist das Symbol allerdings von einer großen Plane verhüllt. Voller Spannung stehen die anwesenden Journalisten neben einem Dutzend beanzugter Herren mittlerer politischer Bedeutung und warten darauf, dass die Rede endet und die Enthüllung beginnt. Zwei saarländische Alpinisten sollen das übernehmen. Da! Obwohl sie wahrscheinlich nicht viel Übung haben, weil es im Saarland ja keine Alpen gibt, klettern die beiden geschickt die Fassade hinab. Ein Ah! und Oh! ertönt. Das Symbol des neuen Saarlands – ist es ein kleines tapfereres Schneiderlein? Nein, viel besser – ein weißer hochgekrempelter Hemdsärmel! Auf 10 mal 10 Meter Fläche! Das Saarland macht es eben vor: Lebenszeit statt Schulzeit, Leistung statt Solidarität, und sogar der Minister verzichtet auf sein Weihnachtsgeld. Er hat es ja auch so anschaulich in seiner Rede gesagt: „Man darf eben nicht nur am Gürtel des anderen herumnesteln.“

PATRICK BATARILO