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Archiv-Artikel

Rebellen in Liberia erklären Waffenruhe

Versorgung der Zivilbevölkerung soll ermöglicht werden. Präsident Taylor ignoriert Washingtons Rücktrittsforderung

MONROVIA/ABIDJAN afp/dpa/ap ■ Nach tagelangen schweren Kämpfen um Liberias Hauptstadt Monrovia hat die größte Rebellengruppe „Vereinigte Liberianer für Versöhnung und Demokratie“ (Lurd) gestern einen sofortigen Waffenstillstand verkündet. Damit solle Hilfe für die Zivilbevölkerung ermöglicht und eine humanitäre Katastrophe verhindert werden.

In Monrovia leiden zehntausende Menschen an akutem Mangel an Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten. Der Lurd-Kommandeur Joe Wylie sagte der britischen BBC jedoch, seine Männer würden im Falles eines Angriffes der Truppen von Präsident Charles Taylor zurückschlagen. Er forderte die USA zum Eingreifen auf.

Noch am Morgen hatten die Rebellen in Monrovia einen neuen Anlauf zum Sturz von Taylor unternommen. Augenzeugen berichteten von heftigen Kämpfen im Stadtzentrum. In den Gefechten zwischen den Lurd-Rebellen und der Regierungsarmee wurden seit Dienstag mindestens 300 Menschen getötet. Gesundheitsminister Peter Coleman sprach von über 1.000 Verletzten. In den vergangenen Tagen waren bereits eine Viertelmillion Menschen vor den Kämpfen im Umland in die Hauptstadt geflohen. Die Zahl der Flüchtlinge im SOS-Kinderdorf Monrovia stieg gestern binnen weniger Stunden von 2.000 auf 5.000, teilte der Hermann-Gmeiner-Fonds Deutschland in München mit. Am Donnerstag hatten wütende Demonstranten vor der schwer bewachten US-Botschaft Leichen von Kindern niedergelegt, die in einem amerikanischen Diplomatenviertel vergeblich Zuflucht gesucht hatten. Das von den USA evakuierte Gelände war am Mittwoch von drei Raketen getroffen worden. Dabei starben 18 Menschen.

US-Präsident George W. Bush forderte Taylor am Donnerstag zum Rücktritt auf. Bush äußerte sich jedoch nicht zu Forderungen nach einer US-Intervention. Die Taylor-Regierung begrüßte Bushs Appell zu neuen Friedensgesprächen, äußerte sich jedoch nicht zur Rücktrittsforderung.

Liberias Regierung hatte am 17. Juni mit zwei Rebellengruppen einen Waffenstillstand vereinbart, der eine Übergangsregierung ohne Taylor vorsah. Der Staatschef, der als Rebellenführer einst selbst die Regierung bekämpfte, kündigte aber an, bis Januar im Amt bleiben zu wollen. Darauf flammten die Kämpfe wieder auf.