: Übergabe der Kontrolle schon fast perfekt
Der Besuch von Condoleezza Rice könnte der Auftakt für Waffenstillstand und Teilrückzug im Nahen Osten sein
JERUSALEM taz ■ Die heute Abend beginnende Nahostreise von US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice wird aller Voraussicht nach den Startschuss sowohl für den Waffenstillstand der militanten Palästinensergruppen als auch für den Teilabzug israelischer Soldaten aus dem Gaza-Streifen und Bethlehem geben. Mohammed Dahlan, palästinensischer Minister für Innere Sicherheit, sprach von „deutlichen Fortschritten“ bei den Gesprächen mit dem israelischen Generalmajor Amos Gilad. Die Übergabe der Sicherheitskontrolle könne „innerhalb von zwei Tagen“ unter Dach und Fach sein.
Noch gestern starben vier Palästinenser und ein israelischer Soldat bei einem Feuergefecht in Gaza. Es hätten nachrichtendienstliche Hinweise vorgelegen, dass ein größerer Terroranschlag auf jüdische Siedler geplant sei, begründete die Armee die erneute Operation gegen einen Hamas-Führer.
Condoleezza Rice wird zunächst mit dem palästinensischen Premierminister Mahmud Abbas (Abu Masen) zusammentreffen. Erst für Sonntag sind Gespräche mit Israels Premierminister Ariel Scharon geplant.
Laut Berichten der liberalen Tageszeitung Ha’aretz drängen die Israelis auf US-Garantien für eine Zerschlagung der Hamas. Rice appellierte in dieser Woche in London an die EU-Staaten, Hamas auf die Liste der terroristischen Organisationen zu setzen. Die US-Regierung unterstützt prinzipiell die israelische Forderung nach vollständiger Zerschlagung der Hamas. Eine „Hudna“ (arab.: „temporärer Waffenstillstand“) ist auch US-Präsident George W. Bush nicht genug.
Die palästinensische Tageszeitung Al-Ayam berichtete gestern, die offizielle Verkündung der Feuerpause sei für Sonntag früh geplant. Dabei geht es um einen zunächst auf drei Monate befristeten Waffenstillstand für Israel und die palästinensischen Gebiete. Möglich ist, dass Hamas und Islamischer Dschihad parallel zu der Autonomiebehörde an die Öffentlichkeit gehen.
Auf israelischer Seite besteht deutliches Misstrauen gegenüber den palästinensischen Sicherheitsdiensten, die erklärtermaßen nicht die Absicht haben, mit Gewalt gegen die Extremisten vorzugehen. Das „Letzte“, was Dahlan interessiere, so der scheidende Chef des Südkommandos, Generalmajor Doron Almog, sei die Sicherheit Israels. „Ich bin noch nicht einmal sicher, inwieweit er sich für das Wohl normaler Palästinenser interessiert.“ So habe Israel seit langem vorgeschlagen, die Sicherheitskontrolle über das Industriegebiet im nördlichen Gaza-Streifen abzugeben, um den Palästinensern die Rückkehr an ihre Arbeitsplätze zu ermöglichen. Dahlan habe nicht darauf reagiert.
Die Einigung über den Transfer der Sicherheitskontrolle umfasst formale Regelungen, darunter die Öffnungszeiten der Grenzübergänge. Zentraler Streitpunkt war die Frage der Kontrolle über die Nord-Süd-Verbindung, die in Form gemeinsamer Patrouillen geregelt werden könnte. Die Blockaden auf dieser Hauptstraße, die unmittelbar an einer Reihe jüdischer Siedlungen vorbeiführt, zwangen die Palästinenser oft zu stundenlangem Warten. SUSANNE KNAUL