Glücklich vereinte Borussen

Die Borussen aus Gladbach und Dortmund fühlen sich als Sieger – mit Makel. Die einen bleiben trotz Niederlage in der Liga. Die anderen brauchen zum neuen Glück Uefa-Cup noch einen Sieg

AUS DORTMUNDCHRISTIANE MITATSELIS

Als sich beide Borussen-Trainer in den Katakomben des Westfalenstadions trafen, herzten und umarmten sie sich. Der Dortmunder Matthias Sammer strahlte über das ganze Gesicht und rief: „Ist es nicht wirklich verrückt?“ Sein Gladbacher Kollege antwortete nicht weniger verzückt: „Oh ja, irgendwie schon!“ Arm in Arm schritten die Fußball-Lehrer zur Pressekonferenz. Trotz der 1:3-Niederlage am Samstag in Dortmund hat die Borussia vom Niederrhein den Klassenerhalt geschafft. Denn gleichzeitig holte Hertha BSC ein 1:1 bei 1860 München.

Und Sammers gebeutelter BVB steht auf dem fünften Tabellenplatz – dank des Frankfurter 3:2-Erfolgs über den VfL Bochum. Und so kann sich Dortmund nach einer weitgehend enttäuschenden Saison nun doch noch aus eigener Kraft für den Uefa-Pokal qualifizieren – mit einem Sieg beim abstiegsbedrohten 1. FC Kaiserslautern. Trotz allen Glücks plagten Sammer aber auch dunkle Gedanken: „Letzte Woche waren wir noch die Deppen und heute sind wir die Helden. Ich will nicht daran denken, dass es am nächsten Samstag wieder anders sein könnte.“

So wie beim Saisonfinale im vergangenen Jahr, als Dortmund mit einem 1:1 gegen Cottbus die Teilnahme an der Champions League verspielte. „So etwas schleppt man länger mit sich herum, als man glaubt“, gestand der Trainer ein. „Am liebsten wäre es mir, die Saison wäre schon jetzt zu Ende.“ Damit sprach Sammer allen Dortmundern aus der Seele. Nach dem Schlusspfiff brüllte Stadionsprecher Norbert Dickel: „Schluss in Frankfurt!“ Fans wie Spieler tobten und feierten, so als sei das Saison-Happy End schon erreicht. Stefan Reuter, der sein letztes Bundesliga-Heimspiel für Dortmund bestritten hatte, drehte eine Ehrenrunde nach der anderen. Die Gladbacher hatte indes just die frohe Kunde aus München erreicht. Und so gerieten auch die Niederrheiner in einen Rausch. „Danke, Hans Meyer“, sangen die Fans während die Spieler auf dem Rasen tanzten – ein Gruß an den Ex-Trainer, der mit Hertha BSC freundliche Unterstützung geleistet hatte. Zunächst hatte es sogar so ausgesehen, als könne Mönchengladbach in Dortmund selbst alles klar machen. Ivo Ulich erzielte nach zehn Minuten die Führung. Doch Dortmund kam in die abwechslungsreichen Partie zurück – und durch Ewerthon (15.), Dede (45.) und Jan Koller (83.) zum Sieg.

Doch es war nicht alles Harmonie an diesem Samstagnachmittag: Als Fach in der ersten Halbzeit noch nicht wissen konnte, dass sein Team in Dortmund ruhig verlieren durfte, klinkte er kurzfristig aus. Markus Hausweiler führte den Ball an der Außenlinie, genau zwischen den Trainerbänken. Aus dem Hintergrund kam BVB-Mittelfeldspieler Evanilson mit hoher Geschwindigkeit heran geschossen und säbelte den Gladbacher um. Fach geriet in so große Rage, dass er schimpfend auf den Platz stürmte und sich Evanilson vornehmen wollte. Sein Spieler Jeff Strasser warf sich dazwischen. Das Ergebnis: Evanilson sah die Gelbe Karte, der wütende Trainer musste auf die Tribüne.

Dort regte er sich ab – und stellte später fest: „Das darf nicht passieren. Aber man kann ruhig mal die Rote Karte geben, wenn einer mit 40 Meter Anlauf einen anderen wegbläst. Ich werde Besserung geloben.“ Wann er das tun will, sagte er jedoch nicht. Seine Spieler haben dagegen genaue Vorstellungen von der nahen Zukunft. Mit Bierflaschen ausgerüstet rannten sie jubilierend durch den Kabinengang. „Es ist Wahnsinn, dass wir ausgerechnet mit einer Niederlage den Klassenerhalt geschafft haben“, sagte Thomas Broich. „Jetzt heißt es feiern, feiern, feiern.“

Das wird die abstiegsbedrohten Münchner Löwen, die am nächsten Wochenende beim letzten Spiel auf dem Bökelberg antreten müssen freuen, freuen, freuen. Die Mönchengladbacher wollen sich zwar, wie Torwart Jörg Stiel ankündigte, “ordentlich von ihrem Stadion“ verabschieden. Wie er das meinte, wird man sehen.