: Tennis ist eine Nebensache
Rund um den Rothenbaum redeten eine Woche lang alle nur über die Zukunft des Turniers. Tennisbund-Präsident von Waldenfels gibt frustriert auf
Dass der Schweizer Roger Federer gestern das Tennisturnier am Rothenbaum gewonnen hat, interessierte eigentlich nur beiläufig. Die Zukunft des Turniers bestimmt in diesen Tagen die Gespräche, und Chairman Boris Becker verbreitet immer noch unverdrossen Optimismus – roten Zahlen zum Trotz.
Dabei ist er fast der einzige der Offiziellen, der immer noch die Karte Rothenbaum spielt – zumindest solange, bis 2008 der fantastische Umzug in den Volkspark anstehen könnte. Der Präsident des Deutschen Tennis-Bundes,Georg von Waldenfels, sagt offen: „Betriebswirtschaftlich rechnet sich der Rothenbaum nicht.“ Er selbst wird einen möglichen Umzug des Turniers nicht mehr selbst vornehmen: Von Waldenfels kündigte seinen Abgang an und forderte einen hauptamtlichen Präsidenten.
Frustriert räumte er zudem ein, dass man es noch immer nicht geschafft habe, einen Titelsponsor für das Turnier zu finden. „Hamburg und die Wirtschaft müssen sich entscheiden, ob sie das Turnier wollen“, erneuerte Waldenfels seinen Sponsoren-Appell, der trotz Klinkenputzens bei Großunternehmen wie Beiersdorf, Tchibo oder Otto-Versand ungehört blieb. Kleinsponsoren sollen nun in die Bresche springen, stellt sich Becker die Finanzierung bis 2008 vor.
Nur die Zuschauer hätten sich wieder für den Rothenbaum entschieden: „Sie haben mit den Füßen abgestimmt, indem sie hierher gekommen sind.“ Beim Ticketverkauf lag man um 20 Prozent über dem Vorjahr, so Becker, der Durchhalteparolen ausgab. „Das Turnier wird überleben.“
Daran will auch Waldenfels prinzipiell glauben: „Es muss schon mit dem Teufel zugehen, wenn es nicht klappt.“ Bis Ende Juni muss der DTB bei der Profispieler-Gewerkschaft ATP eine Garantieerklärung abgeben, dass man auch 2005 die Preisgelder in Höhe von 2,4 Millionen Dollar bereithalten kann. Doch ohne die Wirtschaft und den Senat gehe es nicht. Da nutze auch die Zuversicht nichts, die Bürgermeister Ole von Beust mit seiner Idee vom Umzug in den Volkspark schürt. Zu fragil ist die finanzielle Substanz des DTB. Und die Stadt als möglicher Geldgeber könnte sich einen solchen Umzug auch nicht leisten.
Ein Glück nur für den Verband, treue Freunde beim Fernsehen zu haben. „Wir mühen uns redlich, aber der Erfolg lässt zu wünschen übrig“, meinte NDR-Sportchef Gerhard Delling, der mit der Einschaltquote kaum zufrieden sein konnte.
Der kreisende Pleitegeier bekommt aber noch von ganz anderer Seite Nahrung. So kritisiert Ex-Wimbledonsieger Michael Stich, Becker habe am Rothenbaum nichts bewegt. Und Stichs Wort hat Gewicht – zumindest beim Senat. Dort ist er immer noch als Sportbeauftragter im Gespräch. A. BELLINGER/AHA