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Archiv-Artikel

Der American Way führt in den Aufblaskäfig

Baseball bedeutet mehr, als mit großen Holzkeulen nach kleinen Bällen zu schlagen. Dies will die US-Profiliga Berliner Kindern mit einer Werbetour beibringen. Dabei kämpft amerikanischer Optimismus gegen deutschen Nieselregen

Irgendwann hat beinahe nichts mehr funktioniert an diesem Samstagnachmittag. Die Kabeltrommeln am Imbissstand waren voll Wasser gelaufen und wollten keinen Strom mehr durchleiten, der Kühlschrank kühlte nicht mehr und das Waffeleisen blieb kalt. Aus der Anlage war ein stotternder Moderator zu vernehmen, denn das Mikrofon hatte immer wieder kurze Aussetzer. Dabei sollte es ein Gute-Laune-Ereignis werden auf der Sportanlage am Kühlen Weg in Charlottenburg, was nicht gerade leicht fiel bei dem kühlem Schmuddelwetter.

Die Playball-Roadshow machte Station in Berlin. Es fehlte nicht viel, und sie wäre ganz ins Wasser gefallen. Nur eine Hand voll Kinder waren erschienen, um sich mit einer Sportart vertraut zu machen, die zwar jeder kennt, von der in Deutschland aber kaum jemand etwas weiß: Baseball.

Die große Major League Baseball (MLB) – die Profiliga der USA – höchstpersönlich ist verantwortlich für die Roadshow, die in diesem Jahr durch 18 deutsche Städte zieht. Es geht um die „Eroberung des größten europäischen Marktes“, wie Birgit Zepf sagt, die Verantwortliche für das Projekt in Deutschland. Ein „niedriger sechsstelliger Betrag“ werde jährlich von der MLB überwiesen. Davon werden unter anderem die Trainer bezahlt, die sechs Wochen lang die Tour begleiten. Zwei davon werden aus den USA eingeflogen: „Das finden die Kinder immer originell, wenn jemand dann tatsächlich Englisch spricht.“ Sie betreuen die Veranstaltungen der Roadshow in Innenstädten und Schulen, weisen Kinder in die Kunst des Werfens und Schlagens ein und machen sie mit dem Regelwerk bekannt. Kinder, die sich dabei für Baseball begeistern, können im Anschluss an die Showveranstaltungen in einer eigens dafür erfundenen Liga, der Playball-League, ihre ersten Matches spielen. Die MLB arbeitet dabei mit ortsansässigen Vereinen zusammen, die die Playball-League veranstalten.

Die US-Baseball-Liga geht also einen ganz anderen Weg als ihre Kollegen von der Football-League. Es werden keine Profiteams installiert, die schon bald Stadien füllen sollen. Es wird an der Basis gearbeitet. Manchmal, so berichtet Birgit Zepf, seien die Vereine sogar überfordert mit der Masse an Jungs und Mädchen, die nach der Roadshow bei den Clubs mitmachen wollen. In Berlin arbeitet die MLB mit den Challengers, den Roosters und den Kangoroos zusammen. Bei diesen Clubs dürfen nun die interessierten Kinder sechs Wochen lang trainieren, ohne gleich Mitglied werden zu müssen.

Auch mit Schulaktionen, die von der MLB unterstützt werden, sollen junge Baseballer geworben werden. Wenn die Trainercrew in die Schulen kommt, sollen nicht nur die Kinder etwas lernen, sondern vor allem die Lehrer, die oft nur wenig über Baseball wissen. Einzig in Nordrhein-Westfalen hat der US-Sport die Aufnahme in die Lehrpläne geschafft. Berlin ist in dieser Hinsicht noch Entwicklungsland. Dennoch gibt es auch in der Hauptstadt relativ hohe Zuwachsraten, gerade im Jugendbereich.

Das schlechte Wetter am Samstag hat viele Kinder, die noch am Donnerstag zuvor bei einer Promotion-Veranstaltung am Alexanderplatz begeistert zum Schläger gegriffen hatten, davon abgehalten, nach Charlottenburg zu kommen. Die, die da waren, wurden umso intensiver von den vier Coaches betreut und mit jeder Menge guter Laune überhäuft. Auch wenn die Nässe durch die Kleider kroch, sah man nur strahlende Gesichter. Die Trainer bezeichneten alles, was die Kinder in den aufblasbaren Wurf- und Schlagkäfigen machten, als großartig und super. Der unerschütterliche Optimismus des „American Way of Sports“ siegte über das Grau des Himmels. ANDREAS RÜTTENAUER