Struck schenkt Deutschland einen Eurofighter

Einst stimmte Rot-Grün geschlossen dagegen, jetzt rühmt der Verteidigungsminister die 80-Millionen-Euro-Maschine

BERLIN taz ■ Ein Politiker muss kein schlechtes Gedächtnis haben – aber es hilft schon sehr, wenn er Harmonie verbreiten will. Als „Rückgrat der Luftwaffe“ hat Peter Struck gestern den Eurofighter bezeichnet, als das erste Jagdflugzeug dieses Typs im bayerischen Manching den beteiligten europäischen Luftstreitkräften Großbritannien, Spanien, Italien und Deutschland offiziell übergeben wurde und seine Typenzulassung erhielt.

Der deutsche Verteidigungsminister war voll des Lobes. Er bezeichnete den Eurofighter als Beispiel für effektive Rüstungskooperation in Europa, der mehrere zehntausend Arbeitsplätze in der Luftfahrtindustrie sichere und die Fähigkeit der Nato zur militärischen Krisenintervention stärke.

Wie sich die Zeiten ändern. Als die Regierung Kohl 1997 das teuerste Rüstungsprojekt in der Geschichte der Bundeswehr beschloss, hatten SPD und Grüne geschlossen dagegen gestimmt. „Dieses Land kann sich heute dieses neue Flugzeug einfach nicht mehr leisten“, sagte damals der SPD-Abgeordnete Walter Kolbow, der es mittlerweile bis zum Staatssekretär im Verteidigungsministerium gebracht hat. Angelika Beer, inzwischen zur Parteivorsitzenden der Grünen aufgestiegen, sah durch den Eurofighter den sozialen Frieden bedroht: „Milliarden, die für den Erhalt des Sozialstaates benötigt würden, schieben Sie der Rüstungsindustrie in den Rachen.“

Derlei kritische Töne sind von Sozialdemokraten und Grünen inzwischen nicht mehr zu hören.

Dabei kann man der Opposition nicht vorwerfen, dass es ihr seinerzeit an Weitsicht gefehlt habe. Der Eurofighter ist ein zweistrahliger Jäger und Jagdbomber, der es auf zweifache Schallgeschwindigkeit bringt. Er kann bis zu 20 Ziele in der Luft gleichzeitig verfolgen, Gegner aus großer Distanz bekämpfen, ist bei jedem Wetter einsatzbereit, und er wird von den Piloten als extrem wendig gerühmt. Ob und wofür die Bundeswehr ein solch aufwändiges Jagdflugzeug überhaupt braucht, ist eine bis heute unbeantwortete Frage.

Selbst einige Wehrexperten der Union gaben seinerzeit zu, dass ein Hauptargument für den Eurofighter darin bestand, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses schon acht Milliarden Mark Entwicklungskosten hineingesteckt worden waren und man dieses Geld nicht gerne öffentlich als Fehlinvestititon abschreiben wollte. So werden denn nun 180 Maschinen zum Stückpreis von rund 80 Millionen Euro gekauft. Sie sollen bis zum Jahr 2015 schrittweise die alten Phantom-Jäger, die MiG 29 sowie die ältesten Tornados ersetzen. Die Unsummen, die das Projekt verschlingt, werden den Rüstungsetat vor allem in den Jahren nach 2006 belasten.

Deshalb wird auch die geplante Erhöhung des Verteidigungshaushalts ab 2007, die Struck vor einigen Tagen – Wahlsieg vorausgesetzt – dem Finanzminister abgerungen hat, an den strukturellen Finanznöten der Bundeswehr wenig ändern. Um die Kosten wenigstens ein bisschen zu deckeln, wird nun an der Bewaffnung des Eurofighters gespart: Er wird mit weniger Luftkampfraketen ausgerüstet als ursprünglich geplant.

BETTINA GAUS