Sagen Sie nicht „wir“

betr.: „Abu Ghraib – das sind wir“, taz vom 15. 5. 04

Sorry, Stefan Reinecke, aber Sie sollten nicht „wir“ sagen, wenn Sie „ich“ meinen.Ohne jede Selbstgerechtigkeit, aber in ein „wir“, das aus der Verkleinerung von Handys auf eine Zivilisierung des Westens geschlossen hat, lasse ich mich nicht einbeziehen.Liegt’s nur am Alter (ich bin 53)? Haben Sie „Full Metall Jacket“ nie gesehen?

HEINER LEMPP, Gammertingen

Hätte Stefan Reinecke in seinem Artikel durchgehend das Wort „ich“ statt „wir“ gebraucht, dann hätte ich vielleicht noch Verständnis gehabt – wenn er denn in irgendeiner Zeitung erschienen wäre. Aber in der taz? So schlimm die Fotos auch sind, können sie wirklich schockieren? Hat denn irgendjemand bei euch ernsthaft geglaubt, Krieg hätte ein anderes Gesicht? Überraschend sind doch nicht die Folterungen, überraschend ist, dass die Fotos an die Öffentlichkeit gelangt sind. Und dass die Gräueltaten von Menschen aus der „westlichen Zivilisation“ begangen worden sind, kann nun auch wirklich niemanden überraschen. Abonniert habe ich eure Zeitung einmal, weil ihr mir versprochen habt, dass ich dann „täglich eine linke, radikale Zeitung“ im Briefkasten habe. Heute aber liegt ein Blatt im Briefkasten, das sich leider allzu häufig vom Mainstream kaum noch unterscheidet. FRIEDHELM WENNING, Münster