piwik no script img

Archiv-Artikel

Rat aus Berlin: Mitmachen statt jammern

Steuerreform und die Folgen: „Weiterreden“ heißt die Parole im Rathaus – Bundespolitiker raten zu Engagement

Von sgi

taz ■ Nein, entsetzt sei man nicht angesichts der möglichen Finanzausfälle aus dem Vorziehen der Steuerreform, hieß es gestern vom Senatspressesprecher Klaus Schloesser. „Weiterreden“ sei die Devise, und die Haltung, die es zu vertreten gilt, laute: „Wir sind ein Haushaltsnotlageland. Wir können uns weitere Ausfälle nicht leisten.“

Auf 100 Millionen Euro werden die Steuerausfälle für Bremen geschätzt, die aus der vorgezogenen Steuerreform resultieren – zusätzlich zu den knapp 500 Millionen Minus, die die laufenden Kosten jährlich in den Bremer Haushalt reißen. Allein dieses Defizit genügt, um das Erreichen des Sanierungsziels – ein verfassungskonformer Haushalt im Jahr 2005, bei dem die komsumtiven, also die laufenden Kosten über Einnahmen finanziert werden – in weite Ferne rücken zu lassen. Inoffiziell tun das alle, offiziell heißt es im just unterzeichneten Koalitionsvertrag: „Die Koalitionspartner streben an, trotz aller Schwierigkeiten einen verfassungskonformen Haushalt bereits für das Jahr 2005 zu erreichen.“

Von Bundesebene kommt wenig Mitleid für die erneute Verschärfung der Bremer Finanzlage. Der SPD-Finanzexperte und Bremer Bundestagsabgeordnete Volker Kröning will zu der Höhe der anstehenden Ausfälle durch die Steuerreform noch keine Stellung nehmen. Erst müsse klar sein, welche Entlastungen an die Stelle der Belastungen träten.

Aber Kröning gibt der Bremer Politik einen Rat zum Umgang mit den Plänen des Bundes: „Bremen muss den Haushaltsentwurf 2004 unterstützen. Bremen muss das Vorziehen der Steuerreform unterstützen. Das ist das Einzige, was den Bund finanz- und wirtschaftspolitisch in die Lage versetzt, auch Bremen weiter zu helfen.“ Kröning weiter: „Ich hoffe, dass es dem neuen Finanzsenator in Kürze gelingt, den abgerissenen Faden nach Berlin wieder zu knüpfen.“

Der designierte Finanzsenator Ulrich Nußbaum erklärte gestern, er kenne die genauen Zahlen noch nicht, aber so denn die derzeit kursierenden Angaben stimmten, „wird die Situation dadurch nicht einfacher.“

Die Finanzexpertin und Grünen-Bundestagsabgeordnete Christine Scheel erklärte angesichts der Bremer Nöte: „Wir sind von grüner Seite bemüht, eine vernünftige Finanzierung auf die Beine zu stellen. Das wird daran hängen, inwieweit die Länder bereit sind, beim Subventionsabbau mitzugehen.“ Ihr spezieller Rat an die Hanseaten: „Ich finde, das Land Bremen sollte sich wie alle anderen Bundesländer auch einbringen und Vorschläge unterbreiten, welche Subventionen – auch im Steuerbereich – abzubauen sind.“

Dass ein Wohlverhalten Bremens bei dieser Steuerreform sich günstig auswirkt, wenn es im Jahr 2005 um erneute Bundesmittel geht – so geschehen mit dem so genannten Kanzlerbrief, der Bremen für dessen Zustimmung zur Steuerreform 2000 einen Ausgleich der daraus entstehenden Nachteile versprach –, das sieht Scheel nicht: „Das sind zwei Paar Schuhe. Ich halte es für politisch nicht akzeptabel, dass man diese Dinge miteinander verknüpft.“

sgi