: Mutter ist die Beste
Seit 22 Jahren wird die Berliner Band „Mutter“ nun schon verkannt. Heute Abend ist sie im Hafenklang zu hören
Der bekannteste Satz über die notorisch unbekannte Berliner Band „Mutter“ entstammt dem Mund des Hamburger Schule-Klassenbesten Jochen Distelmeyer höchstselbst: „Später werden Leute sagen: Das hat kein Schwein wahrgenommen – das ist aber das Geilste gewesen.“ Gesagt hat Distelmeyer den gewichtigen Satz in Antonia Ganz’ Film „Wir waren niemals hier“, den sie vor drei Jahren über das Phänomen „Mutter“ gedreht hat. Seit geschlagenen 22 Jahren prägt die „Mutter“ mit ihrem ganz eigenen Klang nicht nur die deutsche Musiklandschaft nachhaltig – Thurston Moore hat deren Vorgängerband „Camping Sex“ und ihr 1985er-Album „1914!“ einst als großen Einfluss auf „Sonic Youth“ genannt.
Die „Mutter“ selbst setzte 1989 mit „Ich schäme mich Gedanken zu haben die andere Menschen in ihrer Würde verletzen“ eigene Maßstäbe. Fünf Jahre später galt sie dann vielen schon als „unberechenbarste aller deutschen Diskurspop-Bands“, den anderen als „linkes Rammstein“. Wer auf der Suche nach Referenzen an postmoderne Theoretiker oder explizit politischen Statements ist, wird indes bis heute bei „Mutter“ nicht fündig. Auch der 1996 viele irritierende Album-Titel „Nazionali“ entpuppte sich als Hommage an eine italienische Zigarettenmarke und eine Referenz an den umgebauten Schweinestall in der Toskana, in der das Album entstanden ist. Und auch dass die Veröffentlichung von „Europa gegen Amerika“ am 10. September 2001, in dessen Booklet George W. Bush vor brennenden Hochhäusern mit dem expliziten Hinweis „Das ist der Todfeind“ neben dem Gesicht und Micky-Maus-Ohren auf dem Kopf eine Weltkugel verspeist, mit den Terroranschlägen auf das World Trade Center einen Tag später eine so schreckliche reale Entsprechung bekommen hat, mag bis heute niemand der Band, die „sich nicht darum schert, wie man das so machen muss“ (Rocko Schamoni) anlasten.
Heute Abend sind die fünf Herren mit der Schwäche für unkonventionelle Live-Ereignisse im Hafenklang zu hören. MATT
Do, 14. 1., 20.30 Uhr,Hafenklang, Große Bergstraße 178